Am Freitag, 3. März, sorgten Sobotkas Polizeibeamte in Floridsdorf für einen Eklat: Sie verboten zwei jungen syrischen Asylwerberinnen (12 und 18 Jahre jung) das Verteilen von Flugblättern für die Demonstration gegen Rassismus am 18. März. Die Polizisten schüchterten sie ein, lachten sie aus und verwehrten ihnen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Einer der Polizisten (die Dienstnummer liegt uns vor) behauptete rechtswidrig, es bedürfe einer Genehmigungspflicht für das Verteilen von politischen Flyern.
Wir sind fassungslos und empört über Sobotkas Polizei, die offenbar Asylwerber_innen auf eigene Faust einschüchtert, die Gesetze nicht kennt und versucht antirassistische Arbeit zu kriminalisieren. Am 3. März setzten drei Polizisten das Recht auf freie Meinungsäußerung völlig willkürlich außer Kraft und untersagten Diana (Name von der Redaktion geändert) und ihrer Schwester in Floridsdorf das Verteilen von politischen Flugblättern.
Dabei ist bereits in einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) vom 28. März 1993 unmissverständlich festgehalten: „Das Verteilen politischer Propagandaschriften“ ist „nicht bewilligungspflichtig“.
In dem vom Gericht behandelten Fall wurden politische Flugschriften auf einem Gehsteig verteil. Das Gericht urteilte: „Das Verteilen politischer Flugblätter durch eine einzelne Person auf einem drei bis vier Meter breiten Gehsteig“ könne „die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs – anders als etwa beim Verteilen auf der Fahrbahn – von vornherein nur in einem ganz geringfügigen Maß beeinträchtigen“. Deshalb sei „zugunsten des Rechtes auf freie Meinungsäußerung“ die Bewilligungspflicht (nach der Straßenverkehrsordnung) „zu verneinen“.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Die drei Polizisten ignorierten diese Erkenntnis am 3. März einfach. Die 18-jährige Diana und ihre 12-jährige Schwester (beide mit Aufenthaltsberechtigung im Asylverfahren) begannen um 13:10 Uhr am Gehsteig in der Spanngasse (1210 Wien) in der Nähe des Islamischen Zentrums Flutblätter für die Demonstration am internationalen Aktionstag gegen Rassismus an Passant_innen zu verteilen. Diana erzählte uns, dass um etwa 13:30 Uhr ein Polizeiauto, das zuvor vor dem Zentrum geparkt hatte, auf sie und ihre Schwester zufuhr. Drei Beamte stiegen aus und einer fragte Diana, was sie hier mache. Sie gab ihm einen Flyer und antwortete auf Englisch: „This is against racism.“
Der Polizist nahm den Flyer entgegen und ging zurück zu seinen Kollegen. Nach fünf Minuten sagte er etwas auf Deutsch zu Diana, was sie nicht verstand. Ein Passant übersetzte ihr, der Beamte wolle eine Genehmigung sehen. Sie antwortete auf English, sie benötige keine Genehmigung für das Verteilen von antirassistischen Flyern und sie habe das mit dem Koordinator der „Plattform für eine menschliche Asylpolitik“ abgesprochen. Der Polizist beharrte auf der Aushändigung einer Genehmigung, drohte ihr, sie müsse mit auf die Polizeistation kommen und lachte sie mit seinen Kollegen aus.
„Das ist nicht erlaubt!“
Diana rief um 13:50 Uhr den Koordinator der Plattform, David Albrich an, und übergab ihr Telefon dem Polizisten. Albrich erfrage zuerst die Dienstnummer und erklärte dem Polizisten, dass er das Recht auf freie Meinungsäußerung breche, wenn er den Aktivistinnen das Verteilen von politischen Flugblättern verwehre. Die genaue Rechtsgrundlage, warum er unseren Aktivistinnen das Verteilen verbiete, konnte der Polizist auf Nachfrage nicht nennen. Dieser sagte lediglich „Das ist nicht erlaubt!“ und beendete das Gespräch.
Diana berichtete, dass der Polizist nach der Beendigung des Telefonats zu seinen Kollegen ging und er sie und ihre Schwester erneut auslachte. Danach verlangte er (rechtswidrig) die Preisgabe ihrer Identität mit den Worten, es handle sich um eine „Routinekontrolle“ – Diana und ihre Schwester mussten ihre „weiße Karte“ (Aufenthaltsberechtigung im zugelassenen Asylverfahren) zeigen. Rechtswidrig, weil sie zu Unrecht einer Verwaltungsübertretung verdächtigt wurden.
Polizeiwillkür unter Sobotka
Der Polizist war so dreist zu behaupten, er würde Diana am Abend anrufen, ob sie am nächsten Tag (!) Flyer verteilen dürfe. Damit nicht genug: Der Polizist log sie auch noch an, als er ihr erzählte, der Plattform-Koordinator würde gleich im Polizeikommissariat vorbeikommen, um die Sache zu klären (nichts dergleichen wurde im Telefonat mit Albrich vereinbart). Der Beamte wollte ihre Nummer, weil er offensichtlich nicht mehr mit dem Koordinator sprechen wollte. Er sagte ihr gegenüber: „I don’t like him, I would like to talk to you.“ Um etwa 14:00 Uhr ließ der Beamte Diana und ihre Schwester gehen.
Wir sind fassungslos über die Willkür und den Rassismus gegenüber Asylwerber_innen von Sobotkas Polizeibeamten! Jungen engagierten Aktivistinnen ihre demokratischen Grundrechte zu verwehren und sie dabei noch auszulachen, ist ein Skandal sondergleichen! Wir rufen alle Menschen auf, am Samstag, 18. März gegen Rassismus und für die Verteidigung der Grund- und Menschenrechte auf die Straße zu gehen. Treffpunkt ist um 14 Uhr im Märzpark (U6 Burggasse/Stadthalle)!