Im Gesetzesentwurf über die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) zeigt sich, dass die Bundesregierung plant die menschenrechtlichen Verpflichtungen gegenüber Geflüchteten auszuhöhlen und richtet sich gegen unabhängige NGOs und die solidarische Zivilgesellschaft.
Die geplante Neugestaltung der Rechtsberatung für Geflüchtete setzt menschenrechtliche Verpflichtungen für Geflüchtete außer Kraft. Dieser Angriff auf besonders schutzbedürftige Menschen ist ein Angriff auf uns alle: Demokratisch verankerte Grundrechte werden außer Kraft gesetzt.
Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf über die Einrichtung einer Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) vorgelegt. Die Aufgaben der Agentur sind vielfältig: Die Betreuung von Asylwerbenden in Bundeseinrichtungen, Dolmetschtätigkeiten, Menschenrechtsbeobachtung bei Abschiebungen, Rückkehrberatung sowie die Rechtsberatung von Geflüchteten.
Die Agentur wird in 100%igem Eigentum der Republik stehen und beim Innenministerium angesiedelt sein. Dadurch hat jenes Ministerium, das für die Prüfung und Entscheidung über Asylanträge verantwortlich ist, auch maßgeblichen Einfluss auf die Ausrichtung der Bundesagentur, kann Informationen aus den Tätigkeitsbereichen einholen und durch die Mehrheit im Aufsichtsrat zentrale Entscheidungen beeinflussen.
Die Benennung der Agentur ist auf den ersten Blick nicht auffällig, doch auf den zweiten Blick verbirgt sich dahinter ein großflächiger Angriff auf unabhängige NGOs und Unterstützer*innen.
Insbesondere im Bereich der Menschenrechtsbeobachtung, Rückkehrberatung und Rechtsberatung ist die Unabhängigkeit der Menschen und Organisationen, die diese Tätigkeiten ausüben von den regierenden Parteien ein wesentlicher Faktor, um nicht ein in sich geschlossenes System zu etablieren.
Die Rechtsberatung für Asylwerbende ist dabei besonders perfide gelöst: Zwar sollen die Rechtsberater*innen dem Justizministerium unterstehen, durch den zentralen Einfluss des Innenministeriums ist aber zu befürchten, dass es in diesem sensiblen Bereich zu Veränderungen kommen kann, die sich auch auf die rechtliche Beratung und Einbringung von Rechtsmitteln für Asylwerbende auswirken wird. Das erfordert eine klare Aufgabentrennung, die die Unabhängigkeit von Rechtsberater*innen von staatlichen Systemen notwendig macht. Ein faires Asylverfahren muss den Grundprinzipien eines Rechtsstaats folgen.
Auch im Bereich der Rückkehrberatung sind Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen erwägen in ihr Heimatland zurückzukehren damit konfrontiert, von Berater*innen begleitet zu werden, die mit dem Innenministerium in Verbindung stehen. Das Innenministerium legt bereits jetzt einen Schwerpunkt auf die Außerlandesbringung von Geflüchteten. Diese Haltung zeigt sich in der propagandistischen Umbenennung von „Erstaufnahmezentrum“ in „Ausreisezentrum“.
Die Einrichtung dieser Agentur wird ein sich selbst kontrollierendes System schaffen und ist ein Schlag gegen unabhängige NGOs, engagierte Personen und jene Menschen, die nicht ohne Grund aus ihrer Heimat geflüchtet sind. Die Gesetzesvorlage richtet sich klar gegen uns als Zivilgesellschaft, die seit 2015 einen solidarischen Umgang mit Geflüchteten fordert. In einem funktionierenden Rechts- und Sozialstaat müssen staatliche Handlungen immer kontrollierbar bleiben. Wir wissen, dass Asylwerbende unabhängige Rechtsberatung brauchen. Die Abschaffung der unabhängigen Rechtsberatung ist eine Aushöhlung der menschenrechtlichen Verpflichtungen. In diesem Sinne ist die Unabhängigkeit der Rechtsberatung für uns alle ein zentrales Anliegen.