Anlässlich des Jahrestages der Großdemonstration für eine menschliche Asylpolitik und des Konzertes „Voices for Refugees“ mit 150.000 Menschen am 3. Oktober lud die Plattform für eine menschliche Asylpolitik in Wien zur Pressekonferenz.
Bilanz über das vergangene Jahr zogen Razik Azad (Verein Afghanische Jugendliche Neuer Start), Lucia Grabetz (ÖH Bundesvertretung), Michael Genner (Asyl in Not), Maria Mayrhofer (#aufstehn) und Verfassungsjuristin Brigitte Hornyik (Österreichischer Frauenring). Die Sprecher_innen waren sich einig, dass die Hilfsbereitschaft in Österreich ungebrochen und Widerstand gegen die geplante „Notverordnung“ der Regierung nötig sei.
Hilfsbereitschaft ungebrochen
„Der 3. Oktober 2015 war ein historischer Augenblick“, erinnerte Plattformsprecher Michael Genner von „Asyl in Not“ an jenen Moment, als die Bewegung der geflüchteten Menschen, die die Grenzen nicht mehr akzeptierten, und die Hilfsbereitschaft der Menschen in Österreich in einer Riesendemonstration zusammenkamen. Ein Jahr danach würde die Regierung mit der geplanten „Notstandsverordnung“ Menschenrechtsverletzungen vorbereiten, so Genner. Er kündigte rechtliche Schritte an. „Von einer Gefährdung der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kann überhaupt keine Rede sein!“
Maria Mayrhofer von der Initiative #aufstehn betonte, dass das Engagement der Zivilgesellschaft noch immer enorm sei. Im Frühjahr haben 22.000 Menschen einen offenen Brief an die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner unterschrieben, die den Hilfsorganisationen die Spendengelder kürzen wollte. Der Protest zeigte Wirkung und die Regierung musste ihre Pläne zurückziehen. „Es ist höchste Zeit, dass die Politik auf uns hört, statt auf jene, die am lautesten schreien“, so Mayrhofer unter Verweis auf die jüngsten Kampagnen #schulefüralle und #anstandstattnotstand.
Kein Notstand
Die Verfassungsjuristin Brigitte Hornyik, stellvertretende Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings (ÖFR), bezeichnete die „Notstandsverordnung“ als menschenrechts-, völkerrechts- und verfassungswidrig. Immerhin gebe es bereits Urteilssprüche, die die Pauschalzurückweisungen an der Grenze in Spielfeld als rechtswidrig erklärt hätten, so Hornyik. Sie forderte von der Politik ein klares Bekenntnis ein: „Ja, wir nehmen die Herausforderung Zuwanderung an. Die Zivilgesellschaft hat im letzten Jahr bewiesen, dass wir es können und wollen.“
Der Verein „Afghanische Jugendliche – Neuer Start in Österreich“ zeigte sich empört über die geplanten Rückführungen nach Afghanistan. Sprecher Razik Azad sagte, die Lage in Afghanistan sei angesichts der gewaltigen Arbeitslosigkeit von 50 Prozent und der Brutalität der Warlords äußerst prekär.
Lucia Grabetz vom Vorsitzteam der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH) forderte, alle Kräfte gegen die „Notstandsverordnung“ zu bündeln. Eine Stellungnahme zur „Asylnotverordnung“, die die ÖH gemeinsam mit der Initiative „Helping Hands“ erarbeitet hat, entkräfte bei genauerer Betrachtung alle Behauptungen der Regierung von einer vermeintlichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, so Grabetz. Die Regierung beschwöre einen staatlichen Notstand herauf. Sie zog das Fazit: „Die angebliche Überbelastung ist ein selbstgeschaffenes Problem der Regierung.“