Die Obfrau von Fairness Asyl, Andrea Mayrwöger, hat auf ganzer Linie in einem Gerichtsprozess gegen den Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp gewonnen, berichtet die Menschenrechtsorganisation. Nepp hatte Corona als „Asylantenvirus“ bezeichnet und Mayrwöger geklagt, nachdem sie ihn für seinen Rassismus kritisiert hatte. Das Oberlandesgericht Linz entschied früh zugunsten des Rechts auf freie Meinungsäußerung, Nepp zog sämtliche Anträge zurück.
von David Albrich
Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp fiel nicht zum ersten Mal durch rassistische Hetze auf. Anfang Mai dieses Jahres diffamierte er wieder einmal schutzsuchende Menschen in Wien auf das Übelste. Er stellte völlig unverfroren die Behauptung auf, dass „die steigenden Coronavirus-Zahlen in Wien nur [sic!] auf die Asylwerber zurückzuführen“ seien. Man müsse daher, so Nepp, „zum jetzigen Zeitpunkt in der Bundeshauptstadt fast schon von einem Asylantenvirus [sic!] sprechen.“
Die beiden SPÖ-Nationalratsabgeordneten Sabine Schatz und Nurten Yilmaz kritisierten die „unerträgliche und menschenverachtende Rhetorik der FPÖ“. Ihre Kollegin, die grüne Mandatarin Meri Disoski, sprach auf Twitter von „widerlichstem rassistischen Müll“, forderte Nepps Rücktritt und die Prüfung der Äußerungen wegen des Straftatbestands Verhetzung. Tags darauf brachte sie bei der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung ein.
Blaue Einschüchterung-Strategie
Mayrwöger retweetete Disoski mit dem Kommentar (wie wir finden, völlig zu recht): „Ich wiederhole es gerne noch 1000 Mal: Das ist Rassismus und Verhetzung!“ Kurz darauf brachte Nepp am Landesgericht Linz eine Klage wegen des „Schutzes der Unschuldsvermutung“ ein und verlangte unter anderem eine Entschädigung (Streitwert 8.720 Euro) und die Veröffentlichung einer Mitteilung auf Twitter, dass ein Gerichtsverfahren anhängig sei.
Das Landesgericht gab dem Antrag auf Veröffentlichung zunächst statt. Mayrwögers Anwalt Georg Zanger legte Beschwerde in der nächsthöheren Instanz, am Oberlandesgericht Linz, ein. Nepp setzte in der üblichen FPÖ-Einschüchterungs- und Beschäftigungstaktik einen drauf und wollte für jeden Tag der Nicht-Veröffentlichung der Meldung weitere 1.000 Euro kassieren. Alleine die Gesamthöhe der Entschädigungen machte zu Zeitpunkt der Einbringung laut Fairness Asyl bereits knapp 20.000 Euro aus.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Dann im Juli der erste bahnbrechende Erfolg. Das Oberlandesgericht wies Nepps Antrag auf Mitteilungs-Veröffentlichung spektakulär ab. Das Gericht begründete die Entscheidung unter der Annahme, dass Mayrwögers „überwiegend politisch interessierten“ Twitter-Follower_innen ihren Kommentar „als ihre persönliche Meinung und Einschätzung“ verstehen würden. Ihr Kommentar ginge nicht über die „Beschreibung eines Verdachts, dass [Nepp] eine strafbare Handlung begangen habe“, hinaus.
Das Oberlandesgericht Linz verwies explizit darauf, dass Mayrwögers Kommentar durch Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), dem Recht auf freie Meinungsäußerung, gedeckt sei. Diese Entscheidung ist bahnbrechend. Eine wichtige Lehre kann gezogen werden: Noch sicherer agieren politische Aktivist_innen, wenn sie „Ich finde, dass…“ oder „Meiner Meinung nach..“ Kommentaren und Äußerungen voranstellen.
Vor wenigen Tagen zog Nepp schließlich kurz vor der Hauptverhandlung in Linz sämtliche Anträge zurück. Ob Nepp sämtliche Kosten, einschließlich des Anwalts, tragen muss, ist noch unklar. Der freiheitliche Einschüchterungs-Versuch ging jedenfalls phänomenal nach hinten los. „Einmal mehr wurde ein Angriff eines FPÖ-Funktionärs auf die freie Meinungsäußerung erfolgreich bekämpft“, freuen sich unsere Mitstreiter_innen von Fairness Asyl.
Herzliche Gratulation!