Ein Gastkommentar von Susanne Scholl, eine der Gründerinnen und Sprecherinnen der Omas gegen Rechts
Das Friedensprojekt EU sollte seinen Friedensnobelpreis zurück geben.
Ich komme aus einer Familie von Flüchtlingen.
Meine vier Großeltern sind im Holocaust ermordet worden.
Ich bin nach dem Krieg geboren und alle Welt hat meiner Generation versprochen, dass sich nie mehr wiederholen wird, was bis dahin auf diesem Kontinent an Entsetzlichem begangen worden war.
Das Versprechen war eine Lüge.
Es beginnt ja bekanntlich immer mit der Sprache.
Wir hören von hässlichen Bildern, an die wir uns zu gewöhnen haben.
Wir hören vom Zugzwang der entsteht, wenn man Menschen hilft.
Wir hören, wie darüber diskutiert wird, ob man Menschen in Mittelmeer ertrinken lassen soll, ob man Elende, Kinder, Frauen, Kranke, im Dreck verrecken lassen soll oder doch vielleicht ein bisschen helfen könnte.
Wir hören von „gewaltbereiten illegalen Migranten“, die unsere Grenzen stürmen wollen.
Die Sprache von damals wird neuerdings wieder ohne jede Zurückhaltung eingesetzt.
Das ist nicht mehr jenes Europa, als dessen Teil ich mich gefühlt habe, als es noch das Friedensprojekt und die Garantie für das „Nie wieder“ war.
Jetzt schäme ich mich, bin wütend und hilflos.
Wollen wir wirklich eine Festung sein, die an ihren Außengrenze auf Hilflose, Verzweifelte, Elende schießt?
Ich schäme mich – aber ganz Europa muss sich schämen dafür, wie hier Menschenrechte und Menschenwürde mit Füßen getreten werden.