Der Widerstand gegen die unmenschliche Asylpolitik der Regierung wächst!
Hunderte Schüler_innen demonstrierten am Wochenende in Wien gegen Abschiebungen und verlangten von der Regierung die Einhaltung der Kinderrechte. In mehreren Städten schlugen Aktivist_innen Zeltlager auf und initiierten Protestaktionen, darunter auch vor der österreichischen Botschaft in Berlin.
Danke an alle Organisator_innen und Mitwirkenden! Wir gönnen der Regierung keine Verschnaufpause, wir wollen JETZT Veränderungen sehen! #WirHabenPlatz #StopDeportations #WochenendeFürMoria
Wir veröffentlichen an dieser Stelle die Rede von David Albrich, Koordinator der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, beim Wochenende für Moria – Wien:
„Liebe Freundinnen, liebe Freunde, wir sind wütend, wir sind empört, wir haben die Schnauze voll. Es ist an der Zeit, dass wir eine klare Grenze ziehen – eine Grenze zwischen uns, die die Menschenrechte verteidigen, und ihnen, dort drüben im Bundeskanzleramt und bei der Polizei, die in den letzten Tagen und Wochen bewiesen haben, dass sie Menschenrechte mit Füßen treten. Wir haben ihre Lügen, ihre Inszenierungen, ihre Heucheleien, ihre Menschenverachtung satt. Sie behaupten, dass das Recht zu schützen, wenn sie mitten in der Nacht hier geborene und aufgewachsene Kinder deportieren und über die Kinderrechte drüberfahren. Und sich dann nicht zu blöd sind, auch noch einer Mutter die Schuld dafür zu geben. Obwohl sie selbst das Kindeswohl missachten. Obwohl sie selbst mit einer eiskalten, berechnenden Brutalität gegen Schülerinnen, Schüler und Solidarische vorgehen. Sie halten am Gedenktag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau noch andächtig Taferl mit der Aufschrift „We remember“ in die Kameras, während sie nur Stunden später Hundestaffeln und WEGA-Beamten in Kampfausrüstung den Befehl zur Abschiebung von Kindern geben. Sie inszenieren sich ausgerechnet am Tag der Kinderrechte als Verteidiger der Menschenrechte, indem sie vorgeben, Kinder (Zitat Sebastian Kurz) vor „körperlicher oder seelischer Gewalt“ zu schützen und ihnen „eine glückliche Kindheit“ zu ermöglichen – während dieselben Schreibtischtäter Kindern tiefe seelische Wunden zufügen und ihnen die Zukunft zerstören. Sie tun so, als ob sie Kindern auf der griechischen Insel Lesbos helfen, wenn sie eine Kindertagesbetreuung einrichten – und die Kinder quasi nach dem Nachmittagsprogramm wieder zurück in katastrophale Zelte ohne Boden, in den Dreck und Schlamm schicken, wo sie in der Nacht von Ratten angebissen werden. Sie sagen, sie kommen ihrer humanitären Verpflichtung nach und helfen Menschen „vor Ort“ – aber weder sind die mit Österreich-Fahnen verhunzten Container des Innenministers jemals in Kara Tepe angekommen noch die versprochene eine Million Euro Soforthilfe in Bosnien. Hilfe vor Ort leisten Menschen, die sich die Ärmel nicht bloß für einen Fototermin hochkrempeln: Menschen wie Helga Longin, Doro Blancke, Ronny Kokert oder die unermüdlichen Aktivistinnen und Aktivisten von SOS Balkanroute und viele mehr. Doch damit nicht genug. Gerade sind wir einer besonderen Gefahr konfrontiert: der Formierung einer faschistischen Straßenbewegung, die Terror gegen Minderheiten, Gewerkschaften und Demokratinnen und Demokraten verbreiten wird, wenn wir sie nicht aufhalten. Nun werfen ausgerechnet sie der rechtsextremen FPÖ vor, mit Nazis zu marschieren und am rechten Auge blind zu sein. Dabei waren doch gerade sie eben noch in einer Koalition mit jener rechtsextremen FPÖ. Dabei waren sie es, die den vorgesehenen Hauptredner auf der Coronademo, den Hassprediger Herbert Kickl, zum Innenminister machten. Sie sind es doch, die Neonazis durch Wiens Straßen begleiten und zuschauen, wenn diese Journalistinnen und Journalisten attackieren. Sie lassen Neonazis und antisemitische Verschwörungstheoretiker trotz Verbots durch ganz Wien marschieren, während sie gleichzeitig unsere antifaschistische Gegendemonstration mit dem gleichen Gutachten untersagen, das der Wiener Gesundheitsdienst aufgrund der notorischen Maskenverweigerung für die Coronaleugner-Proteste erstellt hatte. Als ob wir es wären, die dazu aufrufen, die Maßnahmen zu sabotieren; als ob wir es wären, die die wissenschaftlichen Fakten leugnen. Dabei sind es doch wir, die immer wieder demonstrieren, dass wir auch in einer Pandemie Proteste gesundheitlich sicher organisieren können. Sie ziehen Gesetze und Rechte immer nur dann in Betracht, wenn sie ihrer rassistischen politischen Agenda dienen. Für uns sind die Menschenrechte unteilbar. Wir unterscheiden nicht zwischen guten und schlechten Geflüchteten, zwischen Menschen, die die Menschenrechte mehr und andere, die sie weniger oder nicht verdient hätten. Wir kämpfen für eine Welt ohne Grenzen, ohne Rassismus, ohne Kriege, ohne Unterdrückung, ohne Klima- und Umweltzerstörung. Wir ziehen hier und heute eine klare Linie: Sie, die Menschenrechtsverbrecher, sitzen dort drüben. Wir, die Verteidiger der Menschenrechte, egal ob rot, grün, dunkelrot, tiefgrün, in Regenbogenfarben, egal ob schwarz, ob weiß, wir, die Kämpferinnen und Kämpfer gegen Rassismus und Faschismus, wir stehen hier. Wir sind laut. Wir machen die Klappe auf. Wir sind ungemütlich. Wir stören. Wir werden noch viel mehr zivilen Ungehorsam leisten, wenn Unrecht zu Recht wird. Wir schlagen heute hier unsere Zelt für die Menschlichkeit auf. Wir verändern zusammen die Welt. Wir bringen gemeinsam die Verhältnisse zum Tanzen."
Fotos: Murtaza Elham / Wochenende für Moria – Graz / Drehwerk / Screenshot ORF / Seebrücke Linz und Umgebung / Plattform Menschenrechte Salzburg / Wolfgang Salm / Rene Kiesler / Peter Lorenz