Die NGOs Rotes Kreuz, Volkshilfe, Caritas und Diakonie forderten am Montag bei einer Pressekonferenz in der Wiener Pfarre St. Barbara die Gleichstellung von Ukraine-Vertriebenen mit anerkannten Flüchtlingen. Sie würden damit am Arbeitsmarkt und bei Sozialleistungen mit österreichischen und EU-Bürger:innen gleichgestellt werden. Der Umgang wäre, ergänzt mit dem Wahlrecht, eine einfache, unbürokratische Lösung, die man auch auf andere Gruppen von Geflüchteten anwenden könnte.
Denn eine Lösung ist nötig. Zwar wird die EU-Kommission wahrscheinlich den Vertriebenenstatus, durch den Ukrainer:innen Zugang in die viel zu geringe Grundversorgung und auf den Arbeitsmarkt erhalten, für ein weiteres Jahr verlängern (und Österreich der Empfehlung folgen). Doch die 70.000 Geflüchteten aus der Ukraine in Österreich brauchen generell eine Bleibeperspektive. Eine Rückkehr wäre selbst nach Kriegsende durch die Verwüstungen und Minen ein langwieriger bis unmöglicher Prozess.
Verschlechterungen bei Familiennachzug
Anstatt den am Tisch liegenden Vorschlag umzusetzen, beabsichtigen die Entscheidungsträger:innen, neue Probleme zu kreieren. Innenministerium und Integrationsministerium (beide ÖVP geführt) sperren sich gegen eine einfache Lösung. Sie wollen, dass Ukraine-Vertriebene nach Auslaufen des Vertriebenenstatus eine Rot-Weiß-Rot-Card plus beantragen müssen. Damit wäre der Aufenthalt nicht gesichert, die Anträge müssten immer wieder neu und im Ausland gestellt (!) und bearbeitet werden.
Durch den ÖVP-Vorschlag würde vor allem Familiennachzug erschwert werden. Bisher können Angehörige ungehindert nachgeholt werden. Künftig müssten dafür Anträge mit rund einem Jahr Bearbeitungsdauer gestellt werden. Zudem wäre es ein Schlag gegen Frauen (Großteil der Ukraine-Vertriebenen): Für den Erhalt der Card müssten oft nicht vorhandene Deutschkurse besucht werden, zu dessen Besuch es an Kinderbetreuungsangeboten fehlt.
Wahltaktik und Machtpolitik
Mit der von den NGOs vorgeschlagenen Gleichstellung mit anerkannten Flüchtlingen könnte man einen großen Themenkomplex abhaken und sich weiteren Verbesserungen beschäftigen. Fluchtwaisen warten nach wie vor auf eine Klärung der Obsorge, die Spitze des für Beschwerden in Asylverfahren zuständigen Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) ist seit einem Jahr unbesetzt und zentrale Empfehlungen der Kindeswohlkommission (wie ein Kinderrechte-Monitoring) sind noch immer nicht umgesetzt.
Der Umgang mit Ukraine-Geflüchteten folgt einem Muster. Rechte Politiker:innen halten die „Asylproblematik“ aus wahltaktischen und machtpolitischen Gründen künstlich am Kochen. Die Leidtragenden sind dabei jene Menschen, die in Österreich Schutz suchen und versuchen, sich hier unter zum Teil prekären Bedingungen wieder ein Leben aufzubauen. Unsere Solidarität gilt allen, die von dieser Politik betroffen sind, egal ob sie aus der Ukraine oder aus anderen Ländern flüchten müssen.