Buchautor Scharsach zu Akademikerball: Die Burschenschaften sind eine Gefahr für unsere Demokratie


Foto: Jakob Alexander

Am Freitag (16. Februar 2024) lädt die FPÖ wieder zum alljährlichen „Akademikerball“ der schlagenden Burschenschaften. Das Bündnis „Offensive gegen Rechts“ organisiert ab 17:00 Uhr eine antifaschistische Gegendemonstration. Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik ruft dazu auf, sich den Protesten anzuschließen und veröffentlicht einen Beitrag des renommierten Rechtsextremismus-Experten und Buchautoren Hans-Henning Scharsach.

Die Politik unseres Landes stellt sich blind gegenüber der Gefahr, die vom Rechtsextremismus ausgeht. Jetzt sind wir es, die laut werden müssen, die diese Gefahren für die Menschen sichtbar machen müssen.

Rechtsextremismus spielt sich auf zwei Ebenen ab. Die untere Ebene ist die zunehmende Gewalt. Seit Jahren sind wir in Österreich mit Schändungen von Gedenkstätten und jüdischen Friedhöfen konfrontiert, mit antisemitischen und antimuslimischen Schmieraktionen, mit neonazistischen Postings, mit Mordaufrufen im Internet und mit Gewaltverbrechen bis hin zu Brandstiftungen.

Und trotzdem geht die viel größere Gefahr für Rechtsstaat und Demokratie vom intellektuellen Oberbau des Rechtsextremismus aus: Von den ideologischen Vordenkern in den deutschnationalen, schlagenden Burschenschaften, die in Potsdam die Deportation von Millionen Menschen planten und am Freitag in der Hofburg, dem repräsentativsten Gebäude der Republik, das Tanzbein schwingen.

Wegbereiter…

Diese Burschenschaften haben sich aus den Traditionen des Nationalsozialismus nie gelöst. Sie waren nicht Wegbegleiter, sondern Wegbereiter von Hitlers Rassen- und Vernichtungspolitik. Im Nationalsozialismus waren die Burschenschafter Vordenker und Gestalter des verbrecherischen Regimes. Und sie haben sich als Exekutoren des Massenmordes besonders hervorgetan.

1933 organisierten Burschenschafter Hitlers Marsch auf die Feldherrenhalle. 1934 zettelten Burschenschafter den nationalsozialistischen Juliputsch in Wien an. In der Verbotszeit vor 1938 fungierte jede einzelne Österreichische Burschenschaft „als in sich geschlossener Kampftruppenteil für den illegalen Nationalsozialismus“. So hat das der Rektor der Wiener Universität in einer Festschrift formuliert.

…und Vollstrecker

Nach dem Einmarsch machten Burschenschafter in Hitlers Vernichtungsbürokratie Karriere. Es waren Burschenschafter, die bei diesem größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte an den Schalthebeln saßen, die in den Vernichtungslagern den Massenmord organisierten.

Als nach Kriegsende das ganze Ausmaß der Verbrechen sichtbar wurde, haben die Burschenschaften nicht einmal die schlimmsten Nazi-Verbrecher aus ihren Mitgliederlisten gestrichen. Im Gegenteil: Beim alljährlichen Toten-Gedenken wird Jahr für Jahr der „besonderen Verdienste“ der Verstorbenen gedacht. Da wird Burschenschaftern wie Ernst Kaltenbrunner gedacht, der als Chef des Reichssicherheitshauptamtes die zentrale Figur von Hitlers Terror- und Tötungsmaschinerie war. Oder wie Irmfried Eberl, der als Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka zu den Organisatoren des fabriksmäßig organisierten Massenmordes zählte.

Demokratie verteidigen

Österreich hat sich in seiner Bundesverfassung dazu verpflichtet hat, alle Spuren des Nationalsozialismus aus Gesellschaft und Politik zu tilgen. Gleichzeitig ist jede Werbung für Großdeutschland verboten. In Burschenschaften aber gilt immer noch der Arierparagraf der Nazis. Sie treten offen für einen Anschluss an Deutschland ein und stellen sich offen gegen die Demokratie.

Auf einer Website des burschenschaftlich geführten Freiheitlichen Akademikerverbandes fand sich der folgende Eintrag eines Burschenschafters: „Demokratie schafft immer Unordnung, sie spaltet das Volk, sie ist eine Fehlgeburt der Geschichte, die Hure des Westens.“ Präziser kann man es nicht auf den Punkt bringen, was diesem Land droht, wenn sich die Zivilgesellschaft den burschenschaftlichen Anschlägen auf unsere politische Kultur des demokratischen Miteinander nicht entschlossen in den Weg stellt.

Lasst uns ein Bollwerk der Menschlichkeit errichten, ein Bollwerk des demokratischen Miteinander, ein Bollwerk der Solidarität und der Weltenliebe gegen jene Burschenschafter, die als Verfassungsfeinde bis in Regierungspositionen aufsteigen konnten und das mörderische Erbe der Nazis bis heute hochhalten.

Errichten wir eine Feuermauer gegen den Rechtsextremismus. Verteidigen wir gemeinsam die Demokratie.