Recherchen zum Gefängnis in Lipa legen nahe: ICMPD williger Vollstrecker der ÖVP-Politik


Absprachen auf höchster Ebene über bevorstehende Abschiebungen. Der bosnische Sicherheitsminister Selmo Cikotić trifft im Oktober 2022 in Wien seinen österreichischen Amtskollegen Gerhard Karner und ICMPD-Chef Michael Spindelegger und berichtet über die Rückführungen, die „in nächster Zeit von dieser Organisation durchgeführt werden“. Fotos und Screenshots: Bosnisches Sicherheitsministerium

ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer und das Innenministerium dürften die treibenden Kräfte der systematischen Menschenrechtsverletzungen am Balkan und politisch verantwortlich für den Bau des Abschiebegefängnisses im bosnischen Flüchtlingslager Lipa sein, zeigen Recherchen der Plattform für eine menschliche Asylpolitik. Das dem Innenministerium unterstehende „Migrationszentrum“ ICMPD dürfte dabei das ausführende Organ des Kanzlers sein, so der Verdacht. Es errichtete das Gefängnis, umgeht dabei EU-Bestimmungen und organisiert mit bosnischien Behörden nachweislich Zwangsdeportationen von Geflüchteten.

von David Albrich

Das neue Abschiebegefängnis im bosnischen Flüchtlingslager Lipa ist kein einmaliges Hoppala eines angeblich unabhängigen österreichischen Migrations-Think Tanks oder ein bloß „gesicherter Bereich“ für schutzsuchende Menschen, wie der Bauherr selbst beteuert. Das Gefängnis, Anfang April von der Menschenrechtsorganisation SOS Balkanroute aufgedeckt, ist die beinharte Realität der von Österreich vorangetriebenen Politik des verharmlosend genannten „Grenz- und Migrationsmanagements“. Unsere Recherchen zeichnen die Geschichte des Gefängnisses als bewusstes politisches Projekt, das die Aushebelung der Menschenrechte institutionalisiert, nach. [1]

Österreich leitet Abschiebeplattform JCP

Alle wesentlichen Akteure des Gefängnisses waren im Sommer 2020 auf der „Westbalkan-Konferenz“ vertreten, zu welcher der damalige ÖVP-Innenminister Karl Nehammer geladen hatte. Unter österreichischer Führung beschlossen die EU-Innenminister, bosnisches Sicherheitsministerium und Grenzpolizei, die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX und das regierungsnahe Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) die Gründung einer „Plattform gegen illegale Migration“ mit dem Sitz in Wien. Das Innenministerium sagte die operative Unterstützung mit Personal und Büros zu. Ziel: Mehr Rückführungen.

Aus dem Abschlussdokument, als „Wiener Erklärung“ bekannt, wurde schließlich im Februar 2022 nach mehreren offiziellen Gipfeln und inoffiziellen Arbeitsgesprächen „auf Beamtenebene“ (wie Nehammer selbst in einer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage bestätigte) die Joint Coordination Platform (JCP). Chef wird der stellvertretende FRONTEX-Direktor Berndt Körner. Der EU-Kommissar und Orban-Vertraute Olivér Várhelyi stellt die nötigen finanziellen Mittel bereit. Das ICMPD war an allen entscheidenden Treffen vertreten, leistete durch die Ausrichtung der eigenen „Vienna Migration Conference“ einen aktiven Beitrag in der Ausgestaltung der Beschlüsse und wird von Várhelyi bei der Präsentation der Plattform in Wien explizit als wichtiger Partner und Empfänger von EU-Geldern genannt (siehe Zeitachse unten).

Das juristische Problem, die Zahl an Rückführungen zu steigern: FRONTEX darf laut EU-Bestimmungen keine Abschiebungen unmittelbar in Drittstaaten wie Bosnien und Herzegowina organisieren. „Eine solche Einschränkung gilt jedoch nicht für das ICMPD als eine der Vertragsparteien des JCP“, erklärt der Berliner Investigativjournalist Matthias Monroy die besondere Rolle, die das ICMPD in dem von Österreich konstruierten „Rückführungsmechanismus“ am Balkan einnimmt. Im Klartext: ICMPD tut, was FRONTEX nicht darf.

Oktober 2022: ICMPD, Karner und Cikotić beraten in Wien Rückführungspläne

In Österreich hält man sich über diesen Mechanismus eher bedeckt. In Bosnien spricht man offener darüber, sichtlich in der Hoffnung, bei seinen Auftraggebern und im EU-Beitrittsprozess als ernster Partner wahrgenommen zu werden. Das bosnische Sicherheitsministerium berichtet im Oktober 2022, während der Bauarbeiten des Abschiebezentrums, offen über eine Beratung von Minister Selmo Cikotić mit ICMPD-Chef Michael Spindelegger in Wien zur bevorstehenden Abschiebung von „illegalen Migranten“, die „in nächster Zeit von dieser Organisation [ICMPD] durchgeführt werden“ – es wird betont: in „Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union“. Beim gleichen Besuch in Wien tritt Cikotić auf einer ICMPD-Konferenz auf und trifft ÖVP-Innenminister Gerhard Karner zu Gesprächen über den Fortschritt im Grenz- und Migrationsmanagement.

ICMPD, in dessen politischer Steuerungsgruppe das Innenministerium vertreten ist, nimmt offenbar bereitwillig Geld an, so der Verdacht, um bestehendes EU-Recht zu umgehen. Als Ende 2020 Flüchtende in ihrer Verzweiflung das Lager Lipa in Brand setzten, bietet sich für die politisch Verantwortlichen in Österreich die Gelegenheit, über den Wiederaufbau Verträge zu beeinflussen und sich die bosnische Politik für ihr Vorhaben gefügig zu machen. Monika Mokre von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vermutet damals bereits, dass ein wiederaufgebautes Lipa „von Menschen bevölkert werden soll, die Österreich loswerden will“. Volkshilfe, Diakonie und weitere NGOs warnen vor Kettenabschiebungen.

EU-Kommissar Várhelyi: „Asylbetrüger inhaftieren“

Und Lipa wird tatsächlich zum „Pilotprojekt“ für ein Abschiebe-Internierungslager, wie EU-Kommissar Várhelyi erklärt, samt ICMPD als willigem Vollstrecker. Kurz nach dem Treffen von Cikotić, Karner und ICMPD in Wien zur Durchführung von Rückführungen, sagte Várhelyi im Rahmen eines Vertragsabschlusses im November 2022 zwischen dem Lager-Betreiber IOM und selbigem Ministerium in Sarajevo unverblümt: „Ich verkünde heute ein weiteres Pilotprojekt in Höhe von 500.000 Euro für das Lager Lipa. Wir müssen unsere Internierungslager in Lipa und in der Region unter Kontrolle halten. Das heißt, wir müssen die Asylbetrüger inhaftieren, bis sie in ihre Herkunftsländer zurückkehren.“

EU-Kommissar Oliver Várhelyi präsentiert im November 2022 in Sarajevo das Pilotprojekt eines „Internierungslager“ in Lipa, finanziert mit einer halben Million Euro aus EU-Geldern. Foto und Screenshot: EU-Delegation in Bosnien und Herzegowina.

Schwarz auf Weiß. Die Absicht war von Beginn an, Menschen zur Abschiebung hinter Gitter zu sperren, auch wenn im Nachhinein – teils mit Zusagen weiterer finanzieller Unterstützung für Bosnien – versucht wird, das Gefängnis weiß zu waschen.

Der offiziellen Politik geht es beim „Grenz- und Migrationsmanagement“ nicht um die Gewährleistung des Menschenrechts auf Asyl, sondern um dessen Aushebelung. Schutzsuchende sollen zermürbt, engagierte Helfer:innen der Zivilgesellschaft entmutigt, Solidarität zerstört werden. Die neue Haftanstalt inmitten eines von Flüchtenden bereits ohnehin als Gefängnis erlebten Lagers, ist ein weiterer grausamer Ziegelstein im rassistischen, neokolonialen Projekt der „Festung Europa“. Unsere Recherchen ordnen ein, wie eng Kanzler, österreichisches Innenministerium, ICMPD und EU-Einrichtungen mit den bosnischen Behörden in diesem widerwärtigen politischen Projekt zusammenarbeiten.

Der Verdacht liegt nahe, dass die Demütigung und Drangsalierung von schutzsuchenden Menschen am Balkan in Wien zumindest billigend zur Kenntnis genommen werden.

Timeline

Vorgeschichte

  • Mai 2018: Erklärung von Sofia. Bekenntnis zwischen den EU-Staaten und den Balkanländern zum Ausbau einer „gemeinsamen Migrationssteuerung und des Grenzmanagements“.
  • Mai 2019: Kommissions-Stellungnahme zum Antrag Bosniens auf EU-Mitgliedschaft. Die EU-Kommission verlangt die Umsetzung von 14 Schlüsselprioritäten. Bosnien müsse, so eine Priorität, eine „wirksame Koordinierung der Kapazitäten für das Grenz- und Migrationsmanagement“ gewährleisten, im Gegenzug erhalte das Land finanzielle Unterstützung.

2020

  • Juli 2020: Wiener Erklärung. Auf Initiative Österreichs beschließen EU-Innenminister auf einer „Westbalkankonferenz“ mit dem bosnischen Sicherheitsministerium und der bosnischen Grenzpolizei, FRONTEX und ICMPD die Bildung einer „Plattform gegen illegale Migration“ (Operational Platform – Eastern Mediterranean Route, später bekannt als Joint Coordination Platform, kurz JCP) mit dem Sitz in Wien. Österreich sagte operativ Personal und Bürokapazitäten zu. ICMPD ist auf der Konferenz durch Michael Spindelegger vertreten, FRONTEX durch dessen stellvertretenden Direktor Berndt Körner, der später zum Leiter der Plattform ernannt wird, und die EU-Kommission durch Olivér Várhelyi, der in der Folge EU-Gelder für das Gefängnis lukriert.
  • September 2020: Die österreichische Polizei weist rechtswidrig sieben Schutzsuchende (drei davon minderjährig) gewaltsam nach Slowenien zurück, die innerhalb von 48 Stunden mittels Kettenabschiebung über Kroatien nach Bosnien deportiert werden. Medien berichten in den Folgemonaten über Dutzende weitere Fälle, das Innenministerium dementiert. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark urteilte im Juli 2021, dass die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt worden sei und illegale Pushbacks „teilweise methodisch Anwendung“ finden. Die Höchstinstanz, der Verwaltungsgerichtshof, bestätigt die Entscheidung im Juni 2022. An der Praxis der österreichischen Polizei ändert sich nichts. [2]
  • Dezember 2020: Lipa steht in Flammen. Geflüchtete sollen das Lager aus Verzweiflung angezündet haben. Der Brand und der Wiederaufbau des Lagers geben eine Gelegenheit für die Institutionalisierung der Wiener Erklärung und dem Aufbau von „Kapazitäten für Rückführungen“.

2021

  • März 2021: Das Hilfswerk beginnt in Bosnien ein einjähriges vom österreichischen Innenministerium und Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) finanziertes Projekt zur „Eindämmung irregulärer Migration in die EU“.
  • April 2021: Rückführungsplan. ICMPD organisiert in Sarajevo eine Konferenz zur „östlichen Mittelmeerroute“ unter Anwesenheit des bosnischen Sicherheitsministers Cikotić. Eine Woche später unterzeichnet dieser mit Österreichs Innenminister Nehammer eine Absichtserklärung zur Deportation von Flüchtenden, im Gegenzug soll Lipa mit einer halben Million Euro aus Österreich wiederaufgebaut werden. Eine breite Allianz aus NGOS, darunter die Plattform für eine menschliche Asylpolitik, kritisiert das Vorhaben vehement.
  • Mai 2021: Ministerkonferenz. EU-Innenminister, ICMPD, IOM und FRONTEX treffen sich in Portugal mit Ministern aus Afrika zum „Management der Migrationsströme“. Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer lässt über das Hilfswerk die Wasserversorgung im Gesamtlager Lipa bauen.
  • Juni 2021: Erklärung von Prag. Auf der Ministerkonferenz der von Österreich 2001 initiierten Sicherheitspartnerschaft „Forum Salzburg“ beschließen EU-Innenminister, JCP, FRONTEX, ICMPD und IOM, bezugnehmend auf die Wiener Erklärung, politische Richtlinien für die JCP, um die Kooperation „zur Eindämmung irregulärer Migration zu verstärken“. Kurz darauf weist diese österreichische Polizei erneut einen Geflüchteten illegal nach Slowenien zurück. Wiederum wird Österreich vom Verwaltungsgericht verurteilt und bekräftigt, dass auch in Österreich illegale Pushbacks „teilweise methodisch Anwendung finden“. Erneut keine Konsequenzen.
  • September 2021: Medieninszenierung am Balkan. Innenminister Nehammer kündigt auf einer Reise am Balkan eine von der Plattform gegen illegale Migration ausgerichtete „Rückführungskonferenz“ an. Zeitgleich geht Lipa zum zweiten Mal in Flammen auf, die Menschen sind verzweifelt.
  • Oktober 2021: Erklärung von Brdo und Vienna Migration Conference. Die EU-Spitzen würdigen am EU-Westbalkan-Gipfel „die anhaltenden Anstrengungen unserer Partner“ am Balkan im „Migrationsmanagement“. Kurz darauf eröffnen ÖVP-Innenminister Nehammer und Spindelegger in Wien die „Vienna Migration Conference“ des ICMPD. Mit dabei der bosnische Sicherheitsminister Cikotić.
  • November 2021: Sarajevo Migration Dialogue. Auf der von Hilfswerk und bosnischem Sicherheitsministerium organisierten Konferenz beraten österreichisches Innenministerium (vertreten durch den Leiter der Sektion „Fremdenwesen“, Peter Webinger), bosnisches Sicherheitsministerium, bosnische Grenzpolizei und JCP (Berndt Körner) über das regionale Grenz- und Migrationsmanagement, insbesondere einen Rückkehrmechanismus in Bosnien. Zeitgleich wird das neu aufgebaute Lager in Lipa, auf dem das Logo des österreichischen Innenministeriums prangt, eröffnet. Das umzäunte und zutrittsgesicherte Lager wirkt damals bereits wie ein Gefängnis.
  • Dezember 2021: ÖVP-Krise. Sebastian Kurz stürzt, Nehammer wird Kanzler, Gerhard Karner übernimmt das ÖVP-Innenministerium.

2022

  • Februar 2022: Rückführungskonferenz in Wien. Formale Gründung der Joint Coordination Platform (JCP) mit IOM, FRONTEX und ICMPD (vormals Plattform gegen illegale Migration). Der ehemalige FRONTEX-Leiter Berndt Körner wird Präsident. Auf einer gemeinsamen Abschlusspressekonferenz mit dem bosnischen Sicherheitsminister Cikotić und EU-Kommissar Várhelyi kündigt Innenminister Karner „einen regionalen Rückführungsmechanismus“ an. Várhelyi erklärt, dass man mit der „massiven Erhöhung der Unterstützung im Bereich der Rückführungen“ in der Höhe von 355 Millionen Euro „mit IOM, ICMPD und FRONTEX“ zusammenarbeite.
  • Juni 2022: Auf die Präsentation der Plattform in Wien folgt eine administrative Umsetzungskonferenz in Ljubljana, organisiert vom österreichischen und slowenischen Innenministerium und Hilfswerk, zusammen mit IOM und ICMPD.
  • August 2022: Polizeitreffen zwischen Österreich und Bosnien. Hochrangige Beamte aus dem bosnischen und österreichischen Innenministerium (unter anderem wieder mit „Fremdenwesen“-Leiter Webinger) treffen sich in Wien im Rahmen der JCP, man gratulierte Bosnien demonstrativ für Rückführung „illegaler Migranten“ nach Pakistan.
  • September 2022: Baubeginn Haftzellen Lipa und zweiter Sarajevo Migration Dialogue. Österreichisches Innenministerium, ICMPD, bosnische Behörden, Hilfswerk und der EU-Botschafter für Bosnien- und Herzegowina, Johann Sattler, besprechen den „Kampf gegen illegale Migration“ und weitere Rückführungen. Zur gleichen Zeit beginnt ICMPD laut eigenen Aussagen mit dem Bau des Abschiebe-Gefängnisses innerhalb des bereits eingezäunten Hauptlagers in Lipa.
  • Oktober 2022: Konferenz und ICMPD-5-Jahresplan. Innenminister Karner eröffnet in Wien „Vienna Migration Conference“ des ICMPD und trifft bosnischen Sicherheitsminister Cikotić. Dieser bespricht am gleichen Tag mit Spindelegger bevorstehende Rückführungen, die von ICMPD „in nächster Zeit durchgeführt werden“. Die EU-Kommission empfiehlt auf Betreiben Österreichs den Beitrittskandidaten-Status für Bosnien, sollte unter anderem das „Migrationsmanagement“ umgesetzt werden. Kurz darauf unterzeichnet das ICMPD mit dem bosnischen Sicherheitsministerium und JCP einen „Fünf-Jahresplan“ zur „Rückführung von Migranten“. Medien berichten zur selben Zeit über Enthüllungen zu gewaltsamen Pushbacks und Folter durch die kroatische Grenzpolizei.
  • November 2022: Das bosnisches Sicherheitsministerium unterzeichnet in Sarajevo mit IOM ein Abkommen zur „freiwilligen und zwangsweisen Rückkehr“ unter Beisein von EU-Kommissar Olivér Várhelyi. Dieser verkündet bei der „Unterschriftenzeremonie“ ein 500.000 Euro schweres Pilotprojekt mit Bosnien und IOM zur „freiwilligen und zwangsweisen Rückkehr“ und weitere 500.000 Euro für ein Pilotprojekt „Hafteinrichtung“ zur zwangsweisen Rückführung von „Asylbetrügern“ in Lipa.
  • Dezember 2022: Erklärung von Tirana. Die EU-Regierungsspitzen beschließen mit Bosnien und anderen Balkan-Staaten „verstärkt Rückführungen aus dem Westbalkan in die Herkunftsländer durchzuführen“. Die EU-Kommission verabschiedet einen „Aktionsplan für den Westbalkan“, der sich explizit auf das „Pilotprojekt mit IOM“ mit FRONTEX-Unterstützung bezieht und die „Entwicklung angemessener Rückführungseinrichtungen“ fordert, und verspricht dafür weitere Finanzmittel aus dem EU-Fonds Instrument für Heranführungshilfe (IPA).

2023

  • Jänner 2022: Bau des Gefängnisses in Lipa laut ICMPD abgeschlossen.
  • März 2022: Hochrangiges Polizeitreffen zwischen Bosnien und Kroatien. Die Führung des bosnischen Geheimdienstes, Grenzpolizei sowie Generaldirektion der kroatischen Polizei, Leitung der Grenzpolizei und Kriminalpolizei beraten die Umsetzung eines Abkommens zwischen Kroatien und Bosnien und die Organisation gemeinsamer Grenzpatrouillen. Kurz darauf treffen sich hochrangige Beamte des österreichischen Innenministeriums mit dem bosnischen Sicherheitsministerium in Wien, man bedankte sich bei Bosnien für die „Zwangsrückführung illegaler Einwanderer nach Pakistan, Marokko und Bangladesch“. Menschenrechtsorganisationen berichten über vermehrte Massenabschiebungen aus Kroatien nach Bosnien.
  • April 2022: ICMPD muss auf öffentlichen Druck hin Bau des Abschiebe-Gefängnisses in Lipa zugeben, nachdem man zunächst dementiert hatte. Weitere Dokumente kommen ans Licht, welche die Verwicklung höchster Kreise aus Politik und Polizei in illegale Pushbacks von Kroatien nach Bosnien belegen. Vermehrt bringen Polizeibusse hunderte zurückgeschobene Menschen aus Kroatien nach Lipa. Der EU-Botschafter in Bosnien, Johann Sattler, bestätigt, dass die EU das Abschiebegefängnis finanziert hat und dort Menschen zur zwangsweisen Rückführung bis zu 72 Stunden interniert werden, bevor sie „in das Asylzentrum im Osten von Sarajevo transportiert werden“.

David Albrich ist Koordinator der Plattform für eine menschliche Asylpolitik. Er war im März 2021 kurz nach dem Brand mit Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger und einer Delegation der Omas gegen Rechts auf Einladung der Menschenrechtsorganisation SOS Balkanroute für einen Lokalaugenschein in Lipa.

[1] Die österreichische Staatspolitik folgt hier grundsätzlich einer langfristigen Strategie, die zurück auf das Forum Salzburg im Jahr 2001 geht, wie Klaudia Wieser (Universität Wien) und Nidžara Ahmetašević (Journalistin in Sarajevo) in der Studie „At the heart of Fortress Europe: A new study about Austria’s role in border externalization policies in the Balkans“ zeigen.

[2] Aufgedeckt wurden die gesetzwidrigen Pushbacks aus Österreich von der Initiative Push-Back Austria zusammen mit der Asylkoordination Österreich. Im „Black Book of Pushbacks. Expanded & Updated Edition“ (2022) hat das das Border Violence Monitoring Network (BVMN) auf mehr als 3.000 Seiten 25.000 gewaltsame Pushbacks entlang der Balkanroute dokumentiert.