Bosnische Flüchtlingshelferin verlangt von europäischen Regierungen: „Öffnet die Grenzen!“


Das bosnische Flüchtlingscamp Lipa ist abgebrannt. Längst gibt es unzählige Morias entlang der Balkanroute. Die Menschen hungern und fristen im Schlamm, Schnee und Eiseskälte. Die freiwillige Helferin Zehida Bihorac wendet sich in einem dramatischen Appell an die Regierungen Europas. Wir verbreiten den von SOS Balkanroute übersetzten und zuerst veröffentlichten Text.

Europa hat wieder einmal seinen Nachbarn im Stich gelassen, das zweite Mal. Es hat kein Recht alleinig und nur besorgt zu sein, weil genau das beleidigt einen.

Bosnien-Herzegowina ist ein Staat, der sich in Europa befindet, vor den Türen zur Europäischen Union. Ihr lasst uns das zweite Mal im Stich. Sind wir denn etwas weniger Europäer, etwas weniger wert, etwas weniger weiß, im Vergleich zu den anderen?

Wir sind kollektiv am Ende unserer Kräfte, Nerven und Ausdauer. Das alles ist auch hier niemandem egal. Niemanden geht es gut in seiner Haut dieser Tage. Mühsam aufgebaute Nähte der Toleranz und des gegenseitigen Verstehens scheinen völlig zu brechen. Man baut so etwas lange, wisst Ihr…

Ihr könnt nicht alles mit eurem Geld kaufen, die Verantwortung, die Empathie. Macht etwas für diese Menschen und für uns auch. Wir, eure Nachbarn, die Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas und des Una-Sana-Kantons. Drei Jahre, seit der Schließung der Balkanroute, leben wir nicht mehr unsere Leben, egal ob bei uns zuhause oder bei einem zwischenmenschlichen Treffen. Das Thema ist das Gleiche: Sorge, Trauer, Qualen und Schmerzen.

Niemanden ist es egal. Die Erkenntnis, dass da draußen – in unserer unmittelbaren Umgebung – Menschen hungern und in der Nässe leben, schmerzt jeden normalen Menschen und das ist ihm oder ihr auch nicht egal. Die Leute werden aufgrund der Kälte anfangen zu sterben und es wird nicht das erste Mal sein, dass die bosnische Erde die Knochen geplagter Menschen zu sich nimmt.

Aber von wem wird das die Schuld sein? Sehr geehrte Damen und Herren, ihr habt kein Recht nur besorgt zu sein. Weder wir, noch sie haben so einen Zustand der Agonie gewählt. Ihr habt aber entschieden, nichts zu tun. Das ist sehr scheinheilig von euch.

Öffnet die Grenzen!