Cornelius Obonya: Fragen an Wähler:innen der FPÖ


Foto: Christopher Glanzl

Anlässlich des Arbeitsübereinkommens der ÖVP mit der rechtsextremen FPÖ in Niederösterreich stellte Schauspieler Cornelius Obonya auf der Kundgebung „Love Music, fight Fascism!“ am 18. März 2023 am Wiener Karlsplatz Fragen an Wähler:innen der FPÖ. Wir dokumentieren seine eindrückliche Rede.

Liebe Mitmenschen!

Dass wir heute hier stehen ist für viele, wie wir sehen können, für wirklich viele, selbstverständlich. Und gleichzeitig sollte nicht notwendig sein.

Jeder, der seinen vielleicht oft legitimen Protest gegen herrschende Verhältnisse, gegen die Regierung, gegen wen auch immer, wogegen auch immer, ausdrücken möchte, muss sich fragen, ob sein Leidensdruck wirklich hoch genug ist, um dafür die Demokratie zu gefährden.  Ob seine Wut wirklich groß genug ist, um eine Partei zu wählen, die offen mit den undemokratischen Handhabungen von pseudo-demokratisch eingestellten Parteien in Ungarn, in Italien, in Frankreich sympathisiert.

Er oder sie muss sich fragen, ob er oder sie es wirklich nötig hat, eine Partei und deren Funktionäre zu wählen, die nichts, aber auch gar nichts zur Lösung der Probleme beitragen werden, weil sie es nicht können. Sie oder er muss sich fragen, ob der Protest, den man äußern möchte, es wirklich rechtfertigt eine Partei zu wählen, die ganz offen europafeindlich agiert, und ebenso offen immer mal wieder mit dem Austritt unseres Landes aus der Europäischen Union spielt, und uns damit eine ökonomische und soziale Katastrophe, wie gerade in England zu beobachten ist, bescheren könnte.

Fragen Sie sich, ob Sie wirklich Funktionäre an den Schaltstellen haben möchten, die ihr ganz persönliches Leben bestimmen werden, und die mit dem Hitlergruß kein Problem haben. Fragen Sie sich, ob es sich lohnen könnte, Funktionäre zu wählen, die vor laufender Kamera Schulkinder mit Migrationshintergrund beschimpfen.  Fragen Sie sich, ob der inhärente Antisemitismus, der in der FPÖ immer wieder sichtbar wird, durch ihre ganz persönlich abgegebene Stimme zu einem geduldeten Bestandteil der Politik dieses Landes wird. Fragen Sie sich, ob Ihr Misstrauen gegenüber der Wissenschaft es wert ist, dafür unter den Zeichen der Neonazis und extremen Rechten mitzumarschieren und mit Ihrem Zeichen auf diesem Wahlzettel diese Symbole als normal zu legitimieren.

Fragen Sie sich in der Stille der Wahlzelle, ob sie wirklich so wütend sind, dass es sich lohnt, sich von Funktionären und ihren Versprechen, gerade ihren persönlichen Protest ganz persönlich ernst zu nehmen, reinlegen zu lassen, wenn Sie sehen können, wie in kurzen Koalitionsverhandlungen mit dem parteiüblichen Umfallen eben dieser ihr Protest in ganz persönlichen Machterhalt umgewandelt wird.

Fragen Sie sich, ob Sie damit leben könnten, dass das in Wut und Ablehnung rasch gemachte Kreuz auf dem Wahlzettel Ihnen etwas nimmt, was Sie gerade noch hatten, nämlich die Freiheit. Die Freiheit die Wahl zu haben. Die Freiheit diesen Planeten gerade noch erhalten zu können. Die Freiheit in der Gemeinschaft der europäischen Staaten friedlich leben zu können.

Und wenn Sie auch nur eine dieser Fragen mit Nein beantworten können oder wollen, dann wählen Sie bitte demokratisch gesinnte Parteien. Die gibt es, die sind da. Vielleicht sind nicht alle Ziele dieser Parteien ganz die Ihren. Aber eines ist klar: Nichts, aber auch gar nichts, was diese Parteien tun könnten, würde in jene Katastrophe führen, die antidemokratische, antisemitische, Klimawandel verharmlosende, ausländerfeindliche, frauenfeindliche, wissenschaftsskeptische, herumpöbelnde, korrupte, machtgeile, Verschwörungstheorien schwurbelnde Parteien und deren politische Steigbügelhalter herbeiführen würden.

Danke.