7-Punkte-Sofortmaßnahmen-Plan zur Bekämpfung der Managementkrise in der Grundversorgung

Foto: Karl Schembri / Oxfam / CC BY-NC-ND 2.0

Amnesty International, asylkoordination, Caritas, Diakonie, Integrationshaus, Samariterbund, SOS-Mitmensch und Volkshilfe haben in einem 7-Punkte-Plan Sofortmaßnahmen vorgeschlagen, die Menschenrechte von Geflüchteten schützen und den Staat in die Verantwortung nimmt. Niemand soll in Österreich in Zelten schlafen müssen. Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik gibt die Maßnahmen im Detail wieder (auch hier abrufbar) und unterstützt die Forderungen.

Ausgangssituation show

1. Schnellverfahren für Menschen mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit show

2. Steuerlicher Absetzbetrag für private Quartiergeber:innen show

3. Kostendeckung für die Arbeit organisierter Quartiergeber:innen: Sofortige Auszahlung der erhöhten Grundversorgungsbeiträge, automatische Valorisierung der Kostensätze + zusätzlicher Teuerungsausgleich show

4. Unterstützung der Gemeinden show

5. Subsidiär Schutzberechtigte zurück ins Sozialhilfesystem show

6. Überführung der Vertriebenen aus der Ukraine ins Sozialhilfesystem show

7. Unbegleitete Minderjährige gesondert bzw. geeignet unterbringen show

Wir lassen uns nicht spalten! Am weltweiten Klimastreik gegen ÖVP-Rassismus

Foto: Christopher Glanzl

Die Auswirkungen der Klimakrise treibt schon jetzt Millionen Menschen auf der ganzen Welt in die Flucht. Die katastrophale Flutkatastrophe in Pakistan hat alleine in diesem Sommer acht Millionen Menschen vertrieben – das entspricht der gesamten Bevölkerung Österreichs. Insgesamt sind in Pakistan laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk 33 Millionen betroffen, darunter eine halbe Million Geflüchtete aus Afghanistan.

Am Höhepunkt dieser humanitären Katastrophe ließ ÖVP-Innenminister Gerhard Karner in Pakistan Werbung „gegen illegale Migration“ schalten. Menschen aus Ländern wie Pakistan, so Karner, hätten „keine Chance auf Asyl“ in Österreich. Dabei übernahm er samt Stacheldraht ein Leitmotiv der rechtsradikalen Bewegung der „Identitären“ und der FPÖ. Kurz darauf wollte Karner Asylwerber*innen auch noch den Klimabonus streichen.   

Doch der Angriff ging nach hinten los. Nach einem Aufschrei der Zivilgesellschaft musste die ÖVP zurückrudern und die Generalsekretärin zurücktreten. Wir können Rassismus bekämpfen und lassen uns nicht spalten. Internationale Solidarität ist eine Voraussetzung, um erfolgreich höhere Löhne und eine ökologisch nachhaltige Gegenwart und Zukunft für Alle zu erkämpfen. Dafür gehen wir am Klimastreik auf die Straße.

Freitag, 23. September 2022: Weltweiter Klimastreik 🌍✊🏽

  • Innsbruck: 14:30 Uhr Marktplatz
  • Salzburg: 13:30 Uhr Bahnhofsvorplatz/Südtiroler Platz
  • Klagenfurt: 12:00 Uhr Dr. Arthur-Lemisch Platz
  • Graz: 9:00 Uhr Mariahilferplatz
  • Linz: 12:00 Uhr Landhaus
  • St. Pölten: 13:30 Uhr Bahnhofsvorplatz
  • Wien: 13:00 Uhr Bahnhof Wien Mitte/Landstraße

#PeopleNotProfit #EnergiewendeFürAlle

Plattform gewinnt Klage gegen FPÖ-Kickl: Ein wichtiger Sieg für die Demokratie

Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik hat den langen Urheberrechtsprozess gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl in allen Instanzen gewonnen! Der Oberste Gerichtshof hat die letztmögliche Revision der FPÖ verworfen, die Klage gegen die Plattform abgewiesen und eine für die Meinungsfreiheit und Demokratie historische Entscheidung gefällt. Wir sagen allen, die uns im Prozess unterstützt und gespendet haben, herzlich Danke! [Presseaussendung]

Der FPÖ-Parlamentsklub hatte die Plattform im Frühjahr 2021 wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung geklagt. Zur Bewerbung einer antifaschistischen Demonstration gegen einen Aufmarsch von Coronaleugner*innen, Neonazis und der FPÖ hatte die Plattform einen Screenshot von Kickls Facebook-Seite verwendet und mit dem Schriftzug „Nie wieder Faschismus!“ versehen. Diesen Vorwurf, den die FPÖ als „ehrenrührig“ empfand, wollte sich der Führer der Freiheitlichen Partei wohl nicht gefallen lassen.

Kickl klagte im Namen des FPÖ-Parlamentsklubs über den Umweg des Urheberrechts, gewann zunächst in erster Instanz, verlor dann allerdings die Berufung vor dem Oberlandesgericht Wien und schließlich die erneute und letztmögliche außerordentliche Revision vor dem Obersten Gerichtshof. Das Gericht argumentiert, dass die Verwendung der Grafik ein zulässiges Bildzitat im Sinne der freien Meinungsäußerung ist und der Kläger sich den Vorwurf gefallen lassen muss, mit Neonazis zu marschieren. 

Freie Meinungsäußerung verteidigt

Immerhin hätte die FPÖ im Verfahren nicht bestritten, dass „auch Neonazis  an der von der FPÖ mitorganisierten Demonstration beteiligt waren“, so das Gericht. Neonazis, deren Ideologie „in der politischen Diskussion unter dem Begriff Faschismus“ zusammenzufassen sei. Darüber hinaus habe die Plattform „nicht nur ihr Recht auf Meinungsäußerung ausgeübt“, sondern „eine grundrechtlich ebenfalls geschützte Gegendemonstration vorbereitet“. Die Entscheidung ist somit eine Verteidigung der Grundrechte auf ganzer Linie.

Ein weiterer Einschüchterungsversuch der extremen Rechten ging nach hinten los. „Wir sind außerordentlich glücklich darüber, dass wir uns auf den Prozess eingelassen und schließlich so deutlich gewonnen haben“, kommentiert Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich und Sprecher der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, den Ausgang des Verfahrens. „Diese Entscheidung ist ein wichtiger Sieg für die Zivilgesellschaft und die Demokratie.“

Danke an Unterstützer*innen

Politiker*innen müssen sich in der öffentlichen Auseinandersetzung mehr gefallen lassen, auch darauf hat das Gericht erneut hingewiesen. „Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ist eine rechtshistorisch wichtige Entscheidung“, ordnet Plattformanwalt Michael Pilz die Entscheidung ein. „Sie stellt klar, dass im Rahmen der politischen Auseinandersetzung unliebsame Stimmen nicht mit den Mitteln des Urheberrechtes mundtot gemacht werden können.“

Nicht alle haben die finanziellen Ressourcen, sich gegen eine etablierte Parlamentspartei zu wehren. Wir freuen uns umso mehr, dass wir von so vielen solidarischen Menschen mit Zuspruch und Spenden unterstützt wurden. Im Rahmen einer großen Spendenkampagne haben wir über 11.000 Euro gesammelt, die wir nun für weitere antirassistische Proteste einsetzen können. Die FPÖ hat mit ihrem Angriff das Gegenteil bewirkt: Wir sind stärker aus der Auseinandersetzung hervorgegangen!

Eine große Spendenkampagne, getragen von der überwältigenden Solidarität der Zivilgesellschaft, hat ermöglicht, dass sich die Plattform für eine menschliche Asylpolitik der Klage durch die FPÖ zu stellen.

Wir klagen an! Demo und Asyl-Tribunal am Weltflüchtlingstag

Montag, 20. Juni 2022, 18:00 Uhr
Freyung, 1010 Wien

Marsch zum Asyl-Tribunal
Facebook

Anlässlich des Weltflüchtlingstages lädt die Plattform für eine menschliche Asylpolitik zur Demo und zum Asyl-Tribunal gegen die rassistische Asylpolitik der Republik Österreich ein. Der Staat schiebt rechtswidrig Kinder ab und verwehrt Schutzsuchenden in „Pushbacks“ das Menschenrecht auf Asyl, spaltet zunehmend in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete und versuchte noch nach der Machtübernahme der Taliban Menschen nach Afghanistan abschieben.

Der Protestzug führt von der Wiener Freyung (Treffpunkt pünktlich 18:00 Uhr) auf den Judenplatz zum Auftakt des großen öffentlichen Gerichtsprozesses des Theaterkollektivs Hybrid gegen die Republik Österreich (Beginn 19:30 Uhr). Wir wollen den Forderungen nach Gleichbehandlung aller Geflüchteten, wie bereits in einem offenen Brief von über 130 Organisationen an die Regierung unterstützt, Nachdruck verleihen und klagen an. Denn Krieg ist Krieg. Mensch ist Mensch. Kind ist Kind.


„Asyl Tribunal – Klage gegen die Republik“ des Theaterkollektivs Hybrid in Kooperation mit WERK X-Petersplatz

In einem symbolischen Tribunal wird die Republik Österreich angeklagt. Inszeniert als Theaterstück werden anhand realer Fälle die Missstände in der österreichischen Asylpolitik auf die Bühne getragen. Die fünf aufeinander aufbauenden Verhandlungstage gipfeln in einer Urteilsverkündung. Alle Termine beginnen um 19:30 Uhr am Judenplatz:

  • Montag, 20. Juni
  • Mittwoch, 22. Juni
  • Donnerstag, 23. Juni
  • Freitag, 24. Juni
  • Samstag, 25. Juni

Der Eintritt ist frei. Jede Vorstellung wird auf Arabisch und Dari/Farsi synchronübersetzt. Die Inszenierung wird aufzeichnet und live übertragen und beginnt daher pünktlich.

Bundesverwaltungsgericht rügt Innenministerium: Gerechtigkeit für Tina und alle abgeschobenen Kinder

Tina und ihre Freundin Julia. Foto: privat

Die Abschiebung der damals 12-jährigen Tina, ihrer 5-jährigen Schwester und Mutter im Jänner 2021 war rechtswidrig, das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entschieden. „Den Beschwerden gegen die Abschiebungen wird […] stattgegeben und die […] erfolgten Abschiebungen der Beschwerdeführerinnen nach Georgien [werden] für rechtswidrig erklärt“, heißt es in der Entscheidung. Das Gericht gibt damit der Maßnahmenbeschwerde von Anwalt Wilfried Embacher gegen das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen (BFA) im Innenministerium unter dem damaligen Innenminister und nunmehrigem Kanzler Karl Nehammer, das die Abschiebung durchführte, Recht.

Das BVwG hebt in seiner Begründung besonders das missachtete Kindeswohl hervor. Es seien stets „die besten Interessen und das Wohlergehen der Kinder“ und deren „soziale, kulturelle und familiäre Bindungen zum Aufenthaltsstaat“ zu berücksichtigen, so das Gericht. „Die wesentliche Feststellung des Gerichts lautet, dass Kriterien für die Kindeswohlabwägung zeitnahe vor der Abschiebung nicht geprüft wurden“, schreibt Embacher auf Twitter. „Das wäre aber im Hinblick auf den seit Erlassung der maßgeblichen Rückkehrentscheidung notwendig gewesen und hätte zu dem Ergebnis geführt, dass die Abschiebung unzulässig ist.“

Verleumdungskampagne

Das Ministerium hätte, kurz gesagt, noch einmal prüfen müssen und hätte dabei festgestellt, dass Tina bereits zu verwurzelt in Österreich und damit zu alt für eine Abschiebung war. Die Verantwortlichen im Innenministerium setzen sich indes weiter über die Kinderrechte hinweg. Obwohl die Erfolgsaussichten gering sind, will das zuständige BFA die Entscheidung mit einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) anfechten. Mehr noch, der Leiter des BFA Gernot Maier beschuldigte im Interview mit der ZiB2 in Reaktion auf die Entscheidung einmal mehr die Mutter von Tina, wie das der damalige Innenminister Nehammer bereits kurz nach der Abschiebung getan hatte.

Das BFA behauptet – und Medien wie die Kleine Zeitung übernehmen die gezielte Desinformation aus dem Innenministerium offenbar ungeprüft – dass gegen Tinas Mutter ein Einreiseverbot bestehe. Das sei falsch: „Es gibt KEIN Einreiseverbot“, stellt Embacher auf Twitter richtig. Darüber hinaus spielt ein mögliches Fehlverhalten der Eltern (die Mutter soll sich Abschiebungen entzogen haben) bei der Beurteilung des Kindeswohls zunächst keine Rolle, sagt Embacher im Interview mit Puls 24. Stattdessen müssten die Behörden jetzt schnell Wiedergutmachung leisten und auch Tinas Mutter und ihrer Schwester, die noch immer in Georgien sind, einen Aufenthaltstitel in Österreich erteilen.

Kinder haben Rechte

Tina wurde nie von den Behörden angehört, kritisiert Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination. Seit der Rückkehrentscheidung vom September 2019 habe sich viel getan und das BFA hätte eine Interessensabwägung zwischen der Republik Österreich einerseits und jenen der Betroffenen auf „Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens“ andererseits durchführen müssen, erklärt Gahleitner-Gertz die BVwG-Entscheidung. „In vierzehn Monaten kann einiges passieren. Im Fall von Tina hat sie zum Beispiel das sogenannte anpassungsfähige Alter, das in der Rechtssprechung und Wissenschaft bis etwa 12 Jahren angenommen wird, verlassen“, sagt Gahleitner-Gertz. Das BFA habe dies unterlassen und sogar einen diesbezüglichen Antrag von Tina aus dem Mai 2020 bis heute nicht geprüft.

Wir fordern als Plattform für eine menschliche Asylpolitik eine Entschuldigung der politisch Verantwortlichen bei Tina und ihrer Mutter und allen solidarischen Menschen, die sich der rechtswidrigen Abschiebung mutig in den Weg gestellt haben und die mit roher Polizeigewalt eingeschüchtert und drangsaliert wurden. Wir verlangen Aufenthaltstitel für Tinas Mutter und Schwester, für Sona und Ashot aus Armenien und alle angeschobenen Kinder und Jugendlichen in Österreich sowie die rasche Umsetzung der Vorschläge der Kindeswohlkomission, insbesondere ein Mitspracherecht der Bezugspersonen der Betroffenen, Vertreter*innen der jeweiligen Gemeinde und von humanitären Organisationen.

Kinder haben Rechte – das ist die wichtigste Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts.

ZARA-Antirassismus-Report 2021: „Der Gesetzgeber etabliert ein Zwei-Klassen-Asylsystem“

Foto: ZARA

Am heutigen internationalen Tag gegen Rassismus präsientierte ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) den jährlichen Antirassismus-Report. 1.977 Meldungen, die nur die Spitze des Eisbergs abbilden, zeugen von einem tief verwurzelten strukturellen Rassismus – im Internet, öffentlichen Raum, bei Gütern und Dienstleistungen, in staatlichen Behörden und Institutionen, Politik und Medien, in der Arbeitswelt und Polizei. Der Report macht deutlich, dass Rassismus an seinen Wurzeln angepackt werden muss und Antidiskriminierungsmaßnahmen endlich umgesetzt werden müssen.

„Immer wieder machen Menschen, die einen rassistischen Vorfall erlebt haben, bei der Polizei die Erfahrung, dass ihnen nicht geglaubt wird. Besonders schwer fällt es Klientinnen und Klienten rechtlich dagegen vorzugehen“, kritisierte die Leiterin der ZARA-Beratungsstellen Fiorentina Azizi-Hacker in der Pressekonferenz zum Bericht. „Oft befürchten sie, dass ungerechtfertigt für ihre Lage oder den Vorfall selbst verantwortlich gemacht werden, der Vorfall angezweifelt oder nicht ernst genommen wird.“ Institutionen würden aus Opfern Täter machen, so Azizi-Hacker.

Krieg ist Krieg…

Thema war auch die Ungleichbehandlung von Flüchtenden Menschen aus der Ukraine in der österreichischen Verordnung über vorrübergehendes Aufenthaltsrecht. Die Verordnung schließt Drittstaatsangehörige, die vor dem Krieg in der Ukraine studiert haben oder anderen Aufenthaltstitel hatten, aus. In Österreich haben sie etwa keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. „Der Gesetzgeber etabliert anhand eines Merkmals der Staatsbürgerschaft ein Zwei-Klassen-System der aus der Ukraine geflüchteten Menschen“, warnte ZARA-Geschäftsführerin Barbara Liegl.

Deshalb habe ZARA gemeinsam mit mehr als 130 Organisationen aus ganz Österreich den offenen Brief ‚Krieg ist Krieg. Mensch ist Mensch.‘ mit unterzeichnet, so Liegl. „Dieser Brief fordert das gleiche Recht auf Schutz vor Krieg und Verfolgung für alle aus der Ukraine Geflüchteten.“ Liegl verlangte eine Änderung des Gleichbehandlungsrechts, um einen einheitlichen Diskriminierungsschutz in allen Lebensbereichen zu sichern, Maßnahmen zur Förderung von Diversität in Politik, Bildung und Medizin, und die finanzielle Stärkung von Initiativen, die Betroffene von Rassismus unterstützen.

… Mensch ist Mensch.

Emmeraude Banda, Sprecher des Black Voices Volksbegehren, begrüßte den enormen Zuspruch aus der Zivilbevölkerung und die großen Unterstützungaktionen der Regierung für die aus der Ukraine Flüchtenden. „Diese Solidarität muss in solchen Krisen immer gezeigt werden“, sagte Banda. Aber die gleichzeitige Diskriminierung von Schwarzen Menschen und People of Color (BPOC) bei ihrer Flucht aus der Ukraine und in Österreich mache den strukturellen Rassismus sichtbar. Dazu würden Menschen aus Afghanistan und Syrien nach wie vor legale Fluchtwege verwehrt werden, kritisierte Banda.

Es brauche endlich die Umsetzung des lange versprochenen Aktionsplans gegen Rassismus in Österreich, insbesondere eine humane Migrationspolitik, die die Basis für eine inklusive Gesellschaft sei, so Banda. Dies erforere die Einhaltung der Menschenrechte auf den Fluchtwegen, eine aktive Hilfestellung für alle flüchtenden Menschen und die Etablierung von legalen Fluchtwegen für alle Menschen, die vor Krieg und Verfolgung auf der Welt Schutz suchen. Auch das Black Voices Volksbegehren hat den offenen Brief „Krieg ist Krieg. Mensch ist Mensch.“ mit unterzeichnet.

„Operation Luxor“

Politikwissenschafter Farid Hafez spürt die Folgen des strukturellen Rassismus in Österreich bis heute. Hafez wurde mit seiner Familie Opfer der rassistischen Polizeiaktion „Operation Luxor“ am 9. November 2020. Nachdem er nach einem längeren Auslandsaufenthalt nun wieder in seine Wohnung in Österreich zurückgekehrt sei, habe ihn seine Tochter gefragt, ob nun wieder das Polizeisonderkommando Cobra das Haus stürmen werde. Ein Ermittlungsverfahren nach dem anderen wurde inzwischen mangels Beweisen eingestellt, allerdings wären die Konten von Hafez bis heute eingefroren.

Die Aktion wäre eine „wohlüberlegte und sehr durchdachte Handlung“ der Sicherheitsbehörden gewesen, so Hafez. Die Operation sei „in vielerlei Hinsicht ein Abbild sowie ein Ergebnis zahlreicher negativer Veränderungen in der österreichischen Gesellschaft, die wir in den letzten Jahren beobachten konnten. Veränderungen, die weniger von der Gesellschaft selbst ausgehen, als von planenden Menschen in politischen Verantwortungspositionen.“ Muslimisch-Sein werde per se als Bedrohung wahrgenommen, sagte Hafez. Dies zeige sich anhand des Kopftuchverbots oder Moscheeschließungen.

Aktive Zivilgesellschaft

Der Antirassismus-Report zeigt deutlich, dass Frauen im öffentlichen Raum doppelt so häufig von Rassismus betroffen sind wie Männer. Die größte Zahl der Meldungen bei ZARA gab es im Online-Bereich, diese machten über die Hälfte der dokumentierten Fälle aus. „Rassismus hat reale Konsequenzen: In der Ausbildung und am Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche, der Gesundheitsversorgung, im öffentlichen Raum und im Alltag“, sagte die grüne Nationalratsabgeordnete Faika El-Nagashi, Mitglied der Kerngruppe der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, zum Report.

Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik fordert wie ZARA die rasche Umsetzung eines nationalen Aktionsplans gegen Rassismus unter Leitung der Zivilgesellschaft in Österreich. Es liegt an der solidarischen Zivilgesellschaft, nicht zu schweigen, sondern hinzuschauen und strukturellem Rassismus auf allen Ebenen den Kampf anzusagen. Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich bei ZARA für die jahrelange gute Zusammenarbeit und die unermüdliche Arbeit für eine Welt ohne Diskriminierung und Rassismus. Es braucht uns als aktive Zivilgesellschaft, die gegen Rassismus in all seinen Formen kämpft.

18. März 2022 – Demo zum internationalen Tag gegen Rassismus: Krieg ist Krieg. Mensch ist Mensch.

Freitag, 18. März 2022, 17:00 Uhr
Karlsplatz, Wien

Veranstaltung auf Facebook

Krieg ist Krieg. Mensch ist Mensch. Bomben machen keinen Unterschied zwischen Hautfarbe, Religion oder Staatszugehörigkeit. Gegen die Trennung in „gute“ und „schlechte“ Flüchtende.

Zum internationalen Aktionstag gegen Rassismus fordern wir von der österreichischen Regierung ein Ende der unmenschlichen Asylpolitik und entschiedene Maßnahmen gegen Diskriminierung und Rassismus. Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik lädt am Freitag, 18. März 2022 um 17:00 Uhr zur Demo am Wiener Karlsplatz. In vielen Städten, von Athen über Johannesburg bis New York, werden Menschen unter dem Hashtag #WorldAgainstRacism auf die Straße gehen.

An den EU-Außengrenzen, in Griechenland, Bosnien, Polen und Frankreich, leiden und sterben täglich Menschen. Hunger und Kälte werden von der EU als bewusste Zermürbungsstrategie eingesetzt. In Afghanistan droht nach der Machtübernahme der Taliban eine verheerende Hungerskatastrophe. Millionen Menschen müssen aufgrund der imperialistischen Politik des Westens und den Auswirkungen der Klimakrise flüchten. Hunderttausende sind vor den Kämpfen in der Ukraine auf der Flucht.

Zunahme von Diskriminierung

Die Regierenden haben die COVID-Pandemie instrumentalisiert und Rassismus verschärft. Menschen mit Migrationsbiografie, die unser Gesundheitssystem und die Pflege stützen, wurden zu Sündenböcken erklärt. Menschen mit asiatischer Herkunft wurden verstärkt Opfer rassistischer Anfeindungen. Vor diesem Hintergrund konnten Rechtsextreme mobilisieren, antisemitische Verschwörungstheorien verbreiten und den Holocaust relativieren.

Menschen erfahren zunehmend Rassismus auf der Straße und in staatlichen Institutionen. Die Wiener Magistratsabteilung 35 schikaniert Menschen bei der Erlangung der Staatsbürgerschaft. Der Arbeitsminister schließt weiterhin Asylwerber*innen vom Arbeitsmarkt aus. Selbst in jenen Fällen, wo Verfahren wie in der Polizeiaktion „Operation Luxor“ eingestellt werden, erhalten traumatisierte Opfer nicht einmal eine Entschuldigung.

Gemeinsam gegen Rassismus

All diese Ungerechtigkeiten spitzen sich in der Frage der Aufnahme von schutzsuchenden Menschen in Österreich zu, die von der Regierung noch immer verweigert wird. 62 Jahre nach dem Sharpeville-Massaker in Südafrika, aus dessen Andenken der UN-Tag gegen Rassismus hervorging, fordern wir die Verantwortlichen zu einem radikalen Umdenken in der Politik hin zu mehr Menschlichkeit auf. Zu einer Haltung, die aus unserer Sicht selbstverständlich ist.

Wir fordern schnellere Einbürgerungen und einen Aktionsplan gegen Rassismus auf Basis des schon bestehenden EU-Aktionsplans gegen Rassismus. Wir verlangen die Umsetzung der Forderungen des Black Voices-Volksbegehrens, die Beteiligung Österreichs am UN-Hilfsaufruf für Afghanistan sowie die Aufnahme von Geflüchteten. Wir wollen Muslim*innen, der Schwarzen Community und People of Color, Jüdinnen und Juden und allen anderen von Diskriminierung Betroffenen eine Stimme geben.

#WirHabenPlatz #WorldAgainstRacism

Fotos: Nisvet Porić/SOS Balkanroute (Hauptbild), Martina Lajczak (At Pavillon), Christoph Radl (NELIO), privat (IZRAA)

Programm

17:00 Uhr: Auftaktkundgebung am Karlsplatz mit Reden und Musik

17:00-17:15 Uhr Musikalische Einstimmung mit NELIO

17:15-17:45: Reden

  • Iryna Karpenko: Ukrainische Bevölkerung Österreichs
  • Erich Fenninger: Sprecher Plattform für eine menschliche Asylpolitik und Direktor Volkshilfe Österreich
  • Nann M. Karner: Antifaschistischer, linker und queerer Behindertenaktivist
  • Aiko Kazuko Kurosaki: Mehr für CARE
  • Susanne Scholl: Omas gegen Rechts
  • Zehra Baraçkılıç: Dokumentationsstelle Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus

17:45-17:55 Uhr: IZRAA, Gewinnerin des FM4-Protestsongcontests 2022

18:00-19:20 Uhr: Route, bei Einzug zurück am Karlsplatz NELIO

  • Philine Dressler und Raoul Kopacka: #aufstehn
  • Fiona Herzog: SOS Balkanroute und N.N.: Bosnisch und Herzegowinisch – Österreichische Jugend (BÖJ)
  • Sarina Rahman: Menschenrechtsaktivistin Afghanistan
  • Emmeraude Banda: Black Voices Volksbegehren

19:30 Uhr: Schlusskundgebung am Karlsplatz mit Reden und Musik

20:00-20:30 Uhr: Musikalischer Ausklang mit At Pavillon

Route

Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch

Foto: Christopher Glanzl

Wir müssen über ein Rassismus-Problem sprechen. Rechte Politiker:innen und manche Journalist:innen nutzen den Krieg in der Ukraine, um Muslim:innen, Schwarze Menschen und People of Colour (BPOC) und Schutzsuchende aus anderen Ländern zu diskriminieren. Sie stellen ukrainische „Frauen und Kindern“, die als „Nachbarn“ zu uns kommen und dem westlichen „Wertesystem“ entsprechen, „jungen Männern“ aus angeblich rückständigen, muslimischen Teilen der Welt gegenüber. Antirassist:innen lehnen diese zunehmende rassistische Trennung in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete ab. Wir sollten uns auf einen längeren Kampf einstellen.

von David Albrich

Rassistische Gewalt und Schikanen gegen aus der Ukraine flüchtende Drittstaatsangehörige schockierten die Welt. Grenzbeamte hinderten Studierende aus afrikanischen Staaten, Indien und dem Jemen mit teilweiser roher Gewalt auf ihrer Flucht, die Grenze in Sicherheit zu überschreiten. Beamt:innen und Soldat:innen beschimpften Muslim:innen, Schwarze Menschen und People of Color (BPOC) sowie Sinti:zze und Rom:nja, während diese hungernd und bei frostiger Kälte im Freien ausharren mussten. Ein ZDF-Korrespondent berichtete über „mehrere hundert“ Menschen, die an der polnisch-ukrainischen Grenze abgesondert wurden, und deutete diese als „muslimisch aussehende Männer“, die möglicherweise auf „einer neuen Flüchtlingsroute durch das Kriegsland Ukraine“ wären. Der Kampf über die Deutungshoheit des Wortes „Flüchtling“ ist in vollem Gang.

Inmitten des Bomben- und Raketenhagels im russischen Angriffskriegs verstärken rechte Politiker:innen und Teile der Medien den Rassismus und versuchen die Debatte darüber zu prägen, wer in den westlichen Staaten willkommen ist und wer nicht. So bezeichnete eine NSBC-Journalistin ukrainische Geflüchtete als ausschließlich „weiße Christen“. Anders als Menschen aus dem „Irak oder Afghanistan“ wären diese „zivilisiert“, so ein CBS-Reporter. Im Gegensatz zu Flüchtenden aus dem Nahen Osten und Nordafrika seien sie Teil der „wohlhabenden Mittelklasse“, verklärte Al Jazeera-Moderator Peter Dobbie die Flüchtenden. Der ehemalige stellvertretende Generalstaatsanwalt der Ukraine, David Sakvarelidze, sprach im BBC-Interview von „ukrainischen Menschen mit blauen Augen und blondem Haar“, die vor Putins Raketen Schutz suchen würden. Die Neue Zürcher Zeitung schrieb: „Es sind dieses mal echte Flüchtlinge.“

Rassistischer „Kulturkampf“

Der bulgarische Ministerpräsident und Unternehmer Kiril Petkov idealisierte die Flüchtenden aus der Ukraine als „intelligent“ und „gebildet“, und meinte, dies unterscheide die aktuelle Situation von früheren „Flüchtlingswellen“, in denen Menschen kamen, die sogar „Terroristen“ werden könnten. Der rechtsradikale französische Präsidentschaftskandidat Éric Zemmour begrüßte die „christlichen Europäer“ aus der Ukraine, die von „arabischen oder muslimischen Einwanderer“ zu unterscheiden wären. Genauso unterschied der Chef der rechtsextremen Partei VOX im Spanischen Staat, Santiago Abascal, zwischen „Frauen, Kinder und ältere Menschen, die in Europa willkommen geheißen werden sollten“ und der „Invasion von jungen Männern im militärischen Alter muslimischer Herkunft“ aus früheren Jahren, die „an die Grenzen Europas geschickt wurden, um es zu destabilisieren und zu kolonisieren.“

Im Nachbarland Deutschland spaltet der bayerische CSU-Innenminister Joachim Herrmann zwischen Menschen „aus dem europäischen Kulturkreis“ und „ungebildeten“ Menschen, die 2015 nach Europa geflüchtet sind. In Österreich bediente sich die Regierung der gleichen rassistischen Rhetorik. Bundeskanzler Karl Nehammer separierte im Ministerrat zwischen „Europäerinnen und Europäer, die nachbarschaftlichen Schutz brauchen“ und „klassischen Flüchtlingen“. In der Präsentation zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Aufnahme von aus der Ukraine Flüchtenden sprachen ÖVP-Integrations-, Arbeits- und Bildungsminister unisono „Vertriebenen“ und strichen das Wort „Flüchtling“ überhaupt aus dem Wortschatz. Integrationsministerin Raab unterschied zwischen „anderen Flucht-Zuwanderungen“ wie Syrien und Afghanistan, wo die Menschen auch bestimmte „Integrationspflichten“ zu erfüllen hätten, und ukrainischen Staatsangehörigen „in unmittelbarer Nachbarschaft“.

Hubert Patterer, Chefredakteur der Kleinen Zeitung, drückte hierzulande den rassistischen Spin am klarsten aus: „Damals kamen in großer Zahl junge Männer und forderten mit ihren Prägungen, Frauenbildern und Vorstellungen von Religion und Staat allzu oft die Standards des Landes heraus. Ungesteuerter Zustrom weckte Ängste, eine Gesellschaft könnte ihre innere Kohärenz verlieren und sich ihrer selbst entfremden. Kulturelle Konflikte am Arbeitsplatz oder in Schulen wurden verschwiegen und vom schönen Lied der Willkommenskultur übertönt […] Es kommen keine jungen Männer, mit der Absicht, auf Dauer hierzubleiben. Es kommen traumatisierte Mütter, um ihre verstörten Kinder vor der Kriegshölle in Sicherheit zu bringen. […] Es kommen Nachbarn in Not. Das ist ein Unterschied, der keine Rechtfertigung erfordert.“

Krieg ist Krieg

Doch, Herr Patterer, es erfordert eine Rechtfertigung. Wir widersprechen. Wo ist der Unterschied zwischen Studierenden aus Kamerun, einer ukrainischen Mutter mit ihren Kindern oder bereits Asylberechtigten aus Belarus, die alle in Charkiw festsitzen und alle vor den gleichen Menschenrechtsverbrechen Putins Schutz suchen? Wo der Unterschied zu einer syrischen Familie in einem Flüchtlingslager auf Lesbos, die vor Putins Cluster-, Brand- und Fassbomben geflüchtet sind? Wo der Unterschied zu Afghan:innen an der bosnisch-kroatischen Grenze, die seit 40 Jahren von sowjetischen und westlichen Bomben und nun wieder vom Terror der Taliban aus ihrer Heimat vertrieben werden? Wo der Unterschied zu einer irakischen Familie, die an der Grenze zwischen Polen und Belarus festsitzt, auf der Flucht vor den verheerenden Verwüstung in den Golfkriegen und der US-amerikanischen Besatzung mit Millionen Toten?

Das Menschenrecht auf Schutz vor Verfolgung ist universal. Es gilt für alle Menschen, oder für niemanden. Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik hat bereits zusammen mit über 120 NGOs und Initiativen und über 10.000 Einzelpersonen über #aufstehn einen offenen Brief an die Bundesregierung geschrieben, in der die Unterzeichnenden vor einem „Zwei-Klassen-Asylsystem“ und der Diskriminierung von Schutzsuchenden warnen. Es ist die gemeinsame Aufgabe der antirassistischen Bewegung, der freiwilligen Helfer:innen und großen NGOs, der Spaltung in „gute“ und „schlechte“ Flüchtende mutig, entschlossen und lautstark entgegenzutreten. Dafür gehen wir am Freitag, 18. März, zum internationalen Tag gegen Rassismus, auf die Straße. Denn Krieg ist Krieg und Mensch ist Mensch. Bomben unterscheiden nicht zwischen Hautfarbe, Religion oder Staatszugehörigkeit.

Offener Brief: Krieg ist Krieg. Mensch ist Mensch.

Über 90 NGOs, Initiativen und Vertreter:innen aus der Zivilgesellschaft haben einen offenen Brief an die Regierung gestartet: „Krieg ist Krieg. Mensch ist Mensch.“ Sie fordern die Gleichbehandlung und den Schutz von allen aus der Ukraine Geflüchteten und warnen vor einem „Zwei-Klassen-Asylsystem“ und einer zunehmenden Spaltung zwischen „guten“ und „schlechten“ Geflüchteten.

Auf #aufstehn können Einzelpersonen den offenen Brief auch in Form einer Petition unterschreiben. 

Sehr geehrter Herr Innenminister Karner,
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Nehammer,
Sehr geehrter Herr Vizekanzler Kogler,

wir sind überwältigt vom Einsatz der Menschen aus der Zivilgesellschaft, die Geflüchtete aus der Ukraine mit so viel Engagement und Herz in Österreich willkommen heißen. Wir anerkennen die schnelle und unbürokratische Hilfe von staatlichen Stellen. Wir sind allerdings auch zutiefst besorgt über den aktuellen Diskurs in der Asylpolitik und die rassistische Behandlung von schutzsuchenden Menschen in Europa.

In nur sieben Tagen sind laut UNHCR über eine Million Menschen vor dem brutalen Angriffskrieg der russischen Armee aus der Ukraine geflüchtet. [1] Im Gegensatz zu ukrainischen Schutzsuchenden, wurden Studierende aus Nigeria, Ghana, Ägypten, dem Jemen, Indien und anderen Ländern an der Einreise in die EU gehindert, schikaniert und mit Gewalt bedroht. Tagelang mussten Menschen aus der Black Community und People of Color und Sinti:zze und Rom:nja in eisiger Kälte und ohne Essen im Freien ausharren und wurden dabei von Beamt:innen und Soldat:innen rassistisch beschimpft. [2] 

In Österreich befeuert man diesen strukturellen Rassismus, indem man Menschen in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete trennt und zwischen „Europäerinnen und Europäer, die nachbarschaftlichen Schutz brauchen“ und „klassischen Flüchtlingen“ unterscheidet. [3] In Deutschland wird mit antimuslimischem Unterton von Menschen „aus dem europäischen Kulturkreis“ im Gegensatz zu „ungebildeten“ Menschen, die 2015 nach Europa geflüchtet sind, gesprochen. [4]

Wir begrüßen die Entscheidung der EU-Innenminister:innen, geflüchteten Menschen rasch und unkompliziert Schutz in der EU zu gewähren. Leider schließt der Beschluss jedoch Drittstaatsangehörige, die einen Daueraufenthaltstitel in der Ukraine hatten und die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, sowie Studierende aus Drittstaaten aus oder knüpft die Gewährung eines vorübergehenden Schutzes an unpraktikable und bürokratische Hürden. [5] Es darf nicht sein, dass wir rassistische Spaltung zwischen Geflüchteten verstärken und auf Dauer ein Zwei-Klassen-Asylsystem schaffen. Stattdessen müssen wir jetzt alles dafür tun, Menschenleben zu retten und diesen zumindest vorübergehend Sicherheit und eine Perspektive zu bieten, unabhängig davon, welchen Pass jemand bei sich trägt. [6]

Bomben machen keinen Unterschied zwischen Hautfarbe, Religion oder Staatszugehörigkeit. Wo ist der Unterschied zwischen einer Studierenden aus Kamerun, einer ukrainischen Mutter mit ihren Kindern oder einem Asylberechtigten aus Belarus, die alle aus Charkiw vor Putins Menschenrechtsverbrechen Schutz suchen? Geflüchtete und mit ihnen Solidarische verlangen zu Recht die Gleichbehandlung von allen Menschen auf der Flucht. 

Wir fordern von der österreichischen Bundesregierung, den Gleichbehandlungsgrundsatz und das universelle Recht auf Asyl zu wahren. Alle Menschen müssen Zugang zu Krankenversicherung, psychologischer Betreuung, Arbeitsmarkt und Bildung haben. Die rassistische Unterscheidung zwischen Schutzsuchenden muss beendet werden. Alle Menschen haben das gleiche Recht auf Schutz vor Krieg, Verfolgung und aus existenzbedrohenden Gründen.

  • Kein strukturelles Zwei-Klassen-Asylsystem
  • Gleichbehandlung aller aus der Ukraine Geflüchteten: Aufnahme von Schutzsuchenden unabhängig von Herkunft, Pass, Hautfarbe, sexueller Orientierung und Gender-Identität
  • Ausweitung des temporären Schutzes auf alle aus der Ukraine flüchtenden Drittstaatsangehörigen (inklusive Studierende), insbesondere Asylsuchende in der Ukraine, durch eine nationale Verordnung 
  • Sicherstellung von medizinischer und psychologischer Versorgung für alle
  • Zugang zu Mindestsicherung, Arbeitsmarkt, Gesundheitswesen, Schulen und Universitäten 
  • Über den temporären Schutz hinaus die Schaffung einer Bleibeperspektive 

Krieg ist Krieg.
Mensch ist Mensch. 

Wien, am 8. März 2022

Quellen
[1] UNHCR, 1 million refugees have fled Ukraine in a week
[2] Siehe etwa: Der Standard, Diskriminiert auf der Flucht: „Wir werden wie Hunde behandelt“ (1. März 2022); Kurier, Krieg in der Ukraine: Flüchtlinge zweiter Klasse (2, März 2022); Deutsche Welle, „Lebst du noch?“ Roma organisieren Hilfe für die Ukraine (5. März 2022)
[3] Pressefoyer nach dem Ministerrat (2. März 2022)
[4] Augsburger Allgemeine, Bayern will Ukrainern rasch und unbürokratisch helfen (2. März 2022)
[5] Border Monitoring, Zur Umsetzung der Massenzustrom-Richtlinie (3. März 2022)
[6] Wie etwa in Deutschland, siehe: Tagesschau, Flüchtlingsaufnahme unabhängig vom Pass (6. März 2022)

Unterzeichner:innen (alphabetisch, wird laufend aktualisiert) (131 mit Stand 16. März 2022)

  • Afghan Wulas Kultur&Sportverein
  • Afghanischer Kulturverein
  • Afro-Asiatisches Institut Salzburg (AAI)
  • Amnesty International Österreich
  • Antira Salzburg
  • Asylkoordination Österreich
  • Attac Österreich
  • #aufstehn
  • ausreißer – Die Wandzeitung
  • Autonomes Zentrum von und für Migrantinnen (maiz)
  • Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen
  • Black Voices Volksbegehren
  • Border Crossing Spielfeld
  • Brunnenpassage
  • Camera Austria
  • Ciocia Wienia
  • Connect Mödling
  • Courage.jetzt – Mut zur Menschlichkeit
  • D/Arts – Projektbüro für Diversität und urbanen Dialog
  • Deserteurs- und Flüchtlingsberatung (Dessi)
  • Diakonie Flüchtlingsdienst
  • Die Notbremsen. Flüchtlingshilfe Pillichsdorf
  • Dokustelle Österreich / Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus
  • Entwicklungshilfeklub
  • Europäisches Bürger*innen Forum Österreich (EBF)
  • Evangelische Pfarrgemeinde Dornbirn
  • F*Streik Graz
  • FairAsyl – Eine Initiative des Werkes der Frohbotschaft Batschuns
  • Fairness-Asyl
  • FIAN Österreich
  • Flüchtlinge Willkommen Österreich
  • Flüchtlingshilfe / refugee assistance – Doro Blancke
  • Fremde werden Freunde
  • Fridays for Future Wien
  • Friedensbüro Salzburg
  • Frohbotschaft.Heute, Verein für weltoffenes Christsein
  • Gablitz hilft – Flüchtlingshilfe
  • GEDENKDIENST – Verein für historisch-politische Bildungsarbeit und internationalen Dialog
  • Gemeinsam gegen Landminen – GGL Austria
  • Gemeinsam Zukunft Lernen Lustenau
  • Hoffnung für Flüchtlinge
  • HOSI Salzburg
  • Humanity Memorial Group Vorarlberg
  • IG Kultur Wien
  • Initiative Bürglkopf schließen
  • Initiative muslimischer Österreicherinnen und Österreicher (IMÖ)
  • Interface Wien
  • Internationaler Versöhnungsbund, österreichischer Zweig
  • JUVIVO – Es lebe die Jugend!
  • Kärnten andas
  • Katholische Aktion Salzburg
  • Katholische Frauenbewegung Österreichs
  • KZ-Verband/VdA Salzburg
  • LaafIT- Laakirchen für Integration und Toleranz
  • LEFÖ – Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen
  • migrare – Zentrum für MigrantInnen OÖ
  • Mondseeland hilft
  • Muslimische Jugend Österreich (MJÖ)
  • Netzwerk Kinderrechte Österreich
  • Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen
  • Obdach Wien gGmbH
  • One Billion Rising Austria (OBRA)
  • OMAS GEGEN RECHTS
  • Österreichische Gesellschaft für Exilforschung (öge)
  • Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
  • Österreichische Kinderfreunde
  • Österreichische Liga für Menschenrechte
  • PCs für alle
  • Plattform für eine menschliche Asylpolitik
  • Plattform Menschenrechte Salzburg
  • Plattform Migration Kärnten
  • Plattform Solidarität OÖ
  • Plattform Willkommenskultur
  • Plattform 20000frauen
  • Pro mente Austria
  • Queer Base – Welcome and Support for LGBTIQ Refugees
  • Radio ORANGE 94.0
  • Rote Falken Wien
  • < rotor > Zentrum für zeitgenössische Kunst
  • Seebrücke Graz
  • Seebrücke Linz und Umgebung
  • Seniors for Future
  • SOS Balkanroute
  • SO SIND WIR NICHT
  • SOS-Menschenrechte Österreich
  • SOS Mitmensch
  • SOS-Mitmensch Burgenland
  • SozialdemokratInnen und GewerkschafterInnen gegen Notstandspolitik
  • Sozialwerk Don Bosco
  • Sport- und Kulturverein „NEUER START“
  • Start with a Friend Austria
  • Steirische Friedensplattform
  • Südwind
  • UNDOK-Verband zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender
  • Ute Bock Flüchtlingsprojekt
  • Verein Amazone
  • Verein BEZIEHUNGSWEISE LERNEN
  • Verein-DA
  • Verein Fibel
  • Verein Frauen aus allen Ländern
  • Verein Frauenwohnprojekt [ro*sa] Donaustadt
  • Verein Grenzenlos St Andrä Wördern
  • Verein ICHKERIA
  • Verein LOGIN – Gesundheitsförderung und soziale Integration
  • Verein MENSCH im Vordergrund
  • Verein Mosaik
  • Verein OMEGA
  • Verein Projekt Integrationshaus
  • Verein Region Neusiedlersee Hilft
  • Verein Respekt.net
  • Verein transform.at
  • Verein Vobis (Klagenfurt)
  • Verein you-are-welcome
  • Vielmehr für Alle! Verein für Bildung, Wohnen und Teilhabe
  • Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC)
  • Vindex – Schutz und Asyl
  • Vita Nova – Verein für integrative Begleitung
  • Viva Con Agua Österreich
  • Volkshilfe Österreich
  • Volkshilfe Wien
  • WIDE – Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven
  • Willkommen Mensch in Eggenberg
  • Wochenende für Moria Graz
  • Wochenende für Moria Innsbruck
  • Wohn- und Integrationsnetzwerk Breitenfurt
  • Women´s Magazin Banu
  • ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit
  • ZEIT!RAUM Verein für soziokulturelle Arbeit
  • Zentrum für Friedensforschung und Friedensbildung (Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung)
  • Zivilgesellschaftliches Kollektiv ZIGE Wels und Umgebung
  • #zusammenHaltNÖ

Unterstützende Einzelpersonen (alphabetisch, wird laufend aktualisiert) (61 mit Stand 16. März 2022)

  • Dr. Ernst Berger, Kinder- und Jugendpsychiater
  • Jasmina Abdelrahman, Obfrau Verein MENSCH im Vordergrund
  • Mag.a Katharina Ammann, Rechtsberaterin
  • Katerina Anastasiou, KPÖ Bundessprecherin, und Bezirksrätin im 15. Bezirk
  • Dr. Ernst Berger, Kinder- und Jugendpsychiater
  • Wolfgang Bernhuber, Unternehmensberater, Coach, Lektor Wirtschaftsuniversität Wien
  • Doro Blancke, Menschenrechtsaktivistin
  • Reinhard Braun, Camera Austria
  • Karin Böck
  • Doris Brazda
  • Bärbel Danneberg, Aktivistin der Plattform 20000frauen
  • Andrea Diawara, Aktivistin der Hietzinger Grünen
  • Georg Dimitz, stv. VS des Vereins Integrationshauses
  • Zuzanna Dziuban, Kulturwissenschaftlerin
  • Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich
  • Constanzia Frohnwieser, ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuerin Courage jetzt – Mut zur Menschlichkeit
  • Dr.in. Helga Ehrmann-Falkenau
  • Dr. Helmut Eiter, Beauftragter Diakonie Pfarre Batschuns
  • Mir Ghous Uddin, Obmann Afghanischer Kulturverein
  • Karl Helmreich, Benediktiner des Stifts Melk, Sozialarbeiter
  • Mag. Susanne Kerschbaumer, Diakonie Flüchtlingsdienst
  • Sonja Kinigadner, Klinische- und Gesundheitspsychologin, Personzentrierte und systemische Psychotherapeutin, Lehrtherapeutin
  • Christa Kleiner, seniorsforfuture.at
  • Sarah Knoll, MA, Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien
  • Ronny Kokert, Gründer der Shinergy Freedom Fighters
  • Margit Köpf, Flüchtlingshilfe Pillingsdorf
  • Gerhard Köpf, Flüchtlingshilfe Pillingsdorf
  • Mag. (FH) Thomas G. Lang, Koordination migrants care, Caritas Wien
  • Anton Lederer, Autor und Kurator
  • Martin Lindenthal, Musiker
  • Angelika Maierhofer, Camera Austria
  • Dr. Josef Mautner, Menschenwürdebeauftragter der Katholischen Aktion Salzburg, Mitglied im Koordinierungsteam Plattform für Menschenrechte
  • Axel Magnus, Gewerkschaftsaktivist
  • Dr. Siroos Mirzaei, Institutsvorstand Nuklearmedizin, Klinik Ottakring
  • Mag.a Christine Okresek, Leitung Tralalobe Haus der Frauen Hollabrunn
  • Inge Pinzker, Psychotherapeutin
  • Barbara Preitler, Mitbegründerin von Hemayat – Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende, Wien
  • Hans-Peter Premur, Bischofsvikar für Schöpfungsverantwortung, Migration und interreligiösem Dialog der Diözese Gurk-Klagenfurt
  • Ulrike Rausch-Götzinger, Vorsitzende des Bereichs Gemeinde und Arbeitswelt der Katholischen Aktion Salzburg
  • Johannes Reisigl, Künstler
  • Simone Riegler, Courage
  • Anna Schiester, Gemeinderätin Salzburg
  • Ferdinand Schmalz, Schriftsteller
  • Thomas Schmidinger, Politikwissenschafter, Kultur- und Sozialanthropologe Universität Wien
  • Annemarie Schlack, Geschäftsführerin Amnesty International Österreich
  • Dr. Günther Schlott, Schriftführer „Verein Miteinander Krems“
  • Dr. Karin Schlott, Stellv. Vorsitzende „Verein Miteinander Schrems“
  • Susanne Scholl, Journalistin, Autorin, Mitgründerin Omas gegen Rechts
  • Mag. Reinhard Seitz, Juristischer Referent
  • Franz Sölkner, Friedensaktivist
  • Helmut Steinkellner, Verein OMEGA
  • Konrad Steurer MSc, Sozialarbeiter, Geschäftsführer Die Fähre
  • Sophie Thun, Künstlerin
  • Heinz Trenczak, Filmemacher
  • Patricia Treulich, Supervisorin, Coach, Autorin
  • Karin Tschavgova, Journalistin
  • Bettina Vollath, Abgeordnete im Europäischen Parlament, Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament
  • Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien
  • Univ.-Prof. i.R. Dr. Werner Wintersteiner, Alpen-Adria Universität Klagenfurt
  • Hedi Wychera, Friedenslauf-Entwicklungshilfeklub, Initiatorin und Projektleiterin
  • Dr. jur. Gertrude Zörer, Mediatorin, Psychotherapeutin

Sobotka verweigert Aufnahme von Schutzsuchenden aus Ukraine: „Sollen ihr Land verteidigen“

Ukraine Conflict Live 2022 (Twitter)

Wir sind fassungslos. Am Samstag richtete ÖVP-Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka aus der Ukraine flüchtenden Menschen aus, sie seien Feiglinge, die kämpfen sollten: „Es kann nicht unser Ziel sein, dass wir jetzt schon über Flüchtlinge denken und ihnen sagen: Kommt! Wir müssen schauen, dass die Ukrainer in Ukraine bleiben und ihr Land verteidigen.“

Sobotka verglich Österreich, das 1945 vom Nazi-Regime befreit wurde, mit der heutigen Ukraine, gegen die Russland einen brutalen Angriffskrieg führt. „Was wäre gewesen, wenn alle Österreicher nach 1945 geflohen wären?“, fragte Sobotka im Club 3. Daneben zieht er Parallelen zwischen Forderungen, er solle den Vorsitz im Untersuchungsausschuss abgeben, und der Ausschaltung des Parlaments durch seine austrofaschistischen Vorgänger 1933.

Die ÖVP redet von Humanität und „Nachbarschaftshilfe“. Aber relativiert die Geschichte und will schutzsuchende Menschen als Kanonenfutter an die Front schicken. Verantwortungsträger*innen, die in einem Krieg eine derart ruchlose und brutale Politik vorschlagen, haben jedwede Verantwortung verloren. Sobotka beschädigt die Demokratie. Er muss gehen.