Schüler*innen fordern vor Anti-Rassismus-Demo am 20. März Rückholung abgeschobener Freund*innen
Die Abschiebung von Tina aus dem Gymnasium in der Wiener Stubenbastei und Sona aus der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe am Reumannplatz (HLW10) sorgte für eine Welle der Entrüstung. Im vierten Say it loud!-Gespräch der Plattform für eine menschliche Asylpolitik haben wir mit den Schüler*innen Theo Haas, Tierra Rigby, Sihaam Abdillahi und Felix Niederhuber sowie Plattform-Sprecher Erich Fenninger über die Proteste gegen Abschiebungen aus der Zinnergasse, eine Reform des humanitären Bleiberechts und Abkehr von der bisherigen unmenschlichen Asylpolitik gesprochen.
Sihaam Abdillahi, Landesschulvertreterin in Wien und engagiert in der neugegründeten Initiative #jugendstehtauf, ist in der Zinnergasse aufwachsen. Sie erzählt, wie die Proteste dazu beigetragen haben, dass sie selbst über ihre Erfahrung mit dem „Gelben Haus“ (Abschiebegefängnis) in der Zinnergasse sprechen kann. „Ich wusste, dass ich mir dieses Thema wieder aneignen musste, weil es lange Zeit mit Wut, Leid und Trauer verbunden war. Jetzt fasse ich wieder Hoffnung.“ Darüber zu sprechen ist nicht selbstverständlich. Sihaam fordert mehr Repräsentation von Betroffenen und die Zurückholung der Familien.
Abschiebungen stoppen
Die Hoffnung war es auch, die Felix Niederhuber und seine Freund*innen geholfen hat, mit der „Mischung aus Unverständnis und extremer Wut“ bei den Protesten umzugehen. Felix hat Schulen gegen Abschiebungen ins Leben gerufen. Die Initiative konnte über 50 Schulen für einen offenen Brief an Innenminister und Regierung für eine stärkere Verankerung des Kindeswohls in den Gesetzen gewinnen. Wie auch den anderen ist ihm wichtig, jetzt nicht zur Tagesordnung überzugehen und sich nicht mit „Wischi-Waschi-Antworten“ von Politiker*innen abspeisen zu lassen.
Für Tierra Rigby aus der HLW10 war die Unmittelbarkeit ein großer Schock, weil „man das eigentlich nur aus Geschichten und Filmen kennt“. Ihre Freundin Sona wurde nach Armenien abgeschoben. Die unmenschlichen Zustände in der Zinnergasse findet Tierra schlimmer als in einem Gefängnis, „denn dort hat man wenigstens das Recht, eine Stunde pro Tag nach draußen zu gehen und die persönlichen Gegenstände bei sich zu haben.“ Nicht so in der Zinnergasse. Tierra wünscht sich ihre Freundin zurück, allerdings sei es erst dann ein Erfolg, wenn Abschiebungen grundsätzlich gestoppt werden.
Lösungen liegen am Tisch
Die Gesetze müssten geändert und Härtefallkommissionen eingesetzt werden, sagt Theo Haas, Schulsprecher im Stubenbastei-Gymnasium. Aus seiner Schule wurde Tina nach Georgien abgeschoben. Wichtig wäre auch, meint Theo, dass die Lehrpläne in den Schulen angepasst werden, damit die Themen Kindeswohl und Abschiebungen auch im Unterricht behandelt werden. „Veränderung ist wirklich, wirklich nötig!“, darauf besteht Theo. „Die Lösungen liegen eigentlich auf dem Tisch. Jetzt müssen nur die verantwortlichen Politiker*innen diese Veränderungen herbeiführen.“
Erich Fenninger, Sprecher der Plattform für eine menschliche Asylpolitik und Direktor der Volkshilfe Österreich, zieht den Schluss, dass die Menschen- und Kinderrechte immer wieder neu erkämpft werden müssen. Auch, weil rechte Parteien das Rad der Zeit wieder zurückdrehen wollen. Abschließend rief Erich zur Demo „Aufstehen gegen Rassismus“, organisiert von der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, dem Black Voices Volksbegehren, #jugendstehtauf und Schulen gegen Abschiebungen am Samstag, 20. März in Wien auf.
Die Say it loud!-Gespräche werden von Judith Ranftler moderiert und von der Grünen Bildungswerkstatt Wien (GBW Wien) und der Volkshilfe Österreich unterstützt.